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Thema: England und Großbritannien
Z.Zt. sind ca. 420 Artikel zu England und Großbritannien in 5 Rubriken in dieser Datenbank erfaßt. So finden Sie in Standard die Hauptartikel zu Britannia, in Hintergrund die Informationen der Hauptartikel im europäischen oder geschichtlichen Zusammenhang und mit größerer Detaillierung, in Biografie die Kurzbiografien der in Standard und Hintergrund angesprochenen handelnden Personen, in Kommentar zukünftig meine subjektive Bewertungen und Anmerkungen und in Sonstiges Detailinformationen zu Dynastien, Schauplätzen, Dokumenten und vielem anderen mehr.

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17.07.2001; Robert Morten

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Titel:Englische Kunst und Architektur im Überblick
Untertitel:Ein Überblick über die englische Kunst und Architektur sowie die Kunst und Architektur auf dem Gebiet des heutigen Großbritannien.
kat:Standard
subkat:Kunst
subsubkat: 
aufmacher:Die folgende Darstellung konzentriert sich nach einem Überblick über frühere Epochen auf die Geschichte der Kunst nach der normannischen Eroberung Englands im Jahr 1066.
text:1. Einleitung

Die Einteilung der europäischen Kunstgeschichte in Stilepochen wie Romanik, Gotik, Renaissance, Barock etc. ist prinzipiell auch auf die englische Kunst übertragbar, doch fallen auch nationale Eigentümlichkeiten und erhebliche Abweichungen von der kontinentalen Kunstentwicklung auf. Die englische Kunstgeschichte bevorzugt daher eigene Epochenbezeichnungen, die sich zumeist an den Namen der Monarchen oder Herrscherhäuser orientieren (Elizabethan Style, Queen Anne Style etc.). Als typisch für die englische Architektur gilt dem Kunsthistoriker Werner Schäfke in Anlehnung an Dagobert Frey und Nikolaus Pevsner eine Vorliebe für die Rechteckform - z. B. bei den Westfassaden der Kirchen und den Kirchtürmen, die häufig ohne Haube blieben - sowie die Reihung in der Horizontalen und überhaupt die Betonung der Horizontalen, die mit dem Streben der kontinentalen Baukunst in die Vertikale kontrastiert. Auch Kreisformen waren beliebt, was sich von Stonehenge über die häufig ringförmigen Stadtanlagen („Circus") bis zur modernen katholischen Kathedrale von Liverpool (1962-1967) von Frederick Gibberd verfolgen lässt und mit einem sozialen Bedürfnis nach Gleichberechtigung (eine kreisförmige Reihung besitzt keine herausragende Stelle) in Verbindung zu stehen scheint. In diesem Zusammenhang steht auch ein Hang zum Zentralbau, der sich in den angebauten Kapitelhäusern englischer Kirchen zeigt und der in der Gotik nur in England ausgeprägt war.

2. Englische Kunst bis 1066

Die Britischen Inseln gehörten während der Steinzeit zum Westeuropäischen Kulturkreis, für den Megalithbauten wie Dolmen oder Menhire charakteristisch sind. Zu den bedeutendsten prähistorischen Kultstätten und Bauwerken Europas zählen die Steinkreise von Stonehenge und Avebury. Die Steinzeit dauerte in Britannien bis etwa 1800 v. Chr. (siehe paläolithische Kunst, mesolithische Kunst, neolithische Kunst). Während des Übergangs zur Bronzezeit breitete sich die Glockenbecherkultur aus, während der späten Bronzezeit die Urnenfelderkultur. Im 1. Jahrtausend v. Chr. besiedelten die Kelten England; mit ihnen verbreitete sich die keltische Kunst und später die La-Tène-Kultur, die sich im britischen Spät-La-Tène-Stil noch mit römischen Stilelementen vermischte. Im Jahr 43 n. Chr. wurde England zur römischen Kolonie Britannia ernannt (siehe Britannien (Frühgeschichte)). Zu den Baudenkmälern aus römischer Zeit (siehe römische Kunst und Architektur) zählen neben zahlreichen Landhäusern vor allem der Hadrianswall und der Antoniuswall. Während der Zeit der germanischen Völkerwanderung fielen in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts die Angeln und Sachsen (Angelsachsen) in Großbritannien ein. Nach 600 wurden die Britischen Inseln christianisiert. Die angelsächsische Kunst und Architektur brachte in der Buchmalerei bedeutende Werke hervor. In der Architektur herrschte der Holzbau vor, doch entstanden in römischer Mauertechnik auch zunehmend Steinbauten. In den beiden Jahrhunderten (etwa 800-1050) vor der normannischen Eroberung Englands hinterließ die Wikingerkultur ihre Spuren, vor allem in der Steinplastik (Steinkreuze).
Zu den Stilmerkmalen der späten angelsächsischen Baukunst zählt die Nachahmung des Fachwerkbaus im Steinbau (Steinfachwerk oder long-and-short-work) - z. B. an der Kirche in Earls Barton im 10./11. Jahrhundert -, insbesondere aber der seit dem 10. Jahrhundert verbreitete schmale und hohe Turm mit Rundbogenfenstern, wie er in der kontinentaleuropäischen Romanik erst später entstand. Diese Stilphase wird als angelsächsische Frühromanik bezeichnet.

3. Norman Style (1066-1190)

Der kontinentaleuropäischen Epochenbezeichnung Romanik entspricht in der englischen Kunstgeschichte die Bezeichnung Norman Style (Normannischer Stil). Nach der normannischen Eroberung Englands im Jahr 1066 (dargestellt auf dem Teppich von Bayeux) und den damit einhergehenden Zerstörungen durch die Eroberer entfaltete sich eine rege Bautätigkeit, die zahlreiche neue Kathedralen und Abteikirchen hervorbrachte. Der normannische Baustil Englands war stark von der Baukunst der Normandie beeinflusst.
Noch vor 1066, aber schon unter normannischem Einfluss, wurde in London etwa von 1050 bis 1065 Westminster Abbey neu errichtet. Die bedeutendsten englischen Kathedralen des normannischen Stils stehen in Canterbury (begonnen um 1070), Saint Albans (begonnen um 1080), Ely (begonnen um 1083), Gloucester (begonnen um 1089), Durham (1093-1133), Norwich (begonnen um 1096), Peterborough (begonnen um 1118), Rochester (Mitte des 12. Jahrhunderts) und Oxford (begonnen um 1180). Der übliche Bautyp war die Basilika. Charakteristisch für die englischen Kathedralen des normannischen Stils sind sehr lange Mittelschiffe (das der Kathedrale von Ely misst 163 Meter), von zwei Türmen flankierte Westfassaden und ein Turm über der Vierung sowie mächtige Chöre. Der Wandaufbau des Inneren ist im Mittelschiff durch Arkaden und Emporen bestimmt. Die meisten Kirchen besaßen eine flache, teilweise bemalte Holzdecke. Im Chor der Kathedrale von Durham wurde kurz vor 1100 erstmals in der Kunstgeschichte ein Kreuzrippengewölbe (siehe Bogen und Gewölbe) gebaut, das wegweisend auf die gotische Baukunst wirkte. Der reiche plastische Schmuck war in der Regel nur an den Portalen figürlich, ansonsten herrschten geometrische Formen vor. In den meisten englischen Kathedralen finden sich heute noch normannische Bauteile. An Profanbauten der normannischen Zeit haben sich vor allem die zahlreichen Burganlagen erhalten, für die Wohntürme (Keeps) nach dem Vorbild der französischen Donjons (siehe Bergfried) charakteristisch sind. Beispiele sind der älteste, von 1078 bis 1097 errichtete Teil des Tower von London (der White Tower) sowie die Burgen von Norwich, Rochester und Newcastle.
Die hoch entwickelte irisch-angelsächsische Buchmalerei wurde, byzantinische und italienische Einflüsse verarbeitend, während der normannischen Zeit weiter gepflegt und als Opus Anglicanum in ganz Europa geschätzt. Bedeutende Zentren waren vor allem die Abteien von Saint Albans, Bury Saint Edmunds, Canterbury, Winchester und York. Die Buchmalerei wirkte stilbildend auch auf die englische Bauplastik. Von der romanischen Wandmalerei sind nur sehr wenige Werke erhalten, darunter jene in der Anselmkapelle der Kathedrale von Canterbury. Die plastische Kleinkunst entfaltete sich vorwiegend in der Elfenbeinschnitzerei und in der Goldschmiedekunst.

4. Gotik (1175-1560)

Anders als in Frankreich oder Deutschland legt die englische Kunstgeschichte großen Wert auf die Unterscheidung von drei Epochenstufen des Early English Style, Decorated Style und Perpendicular Style innerhalb der Gotik. Der Early English Style entspricht zeitlich ungefähr der französischen Hochgotik und der staufischen Romanik sowie der Frühgotik in Deutschland, der Decorated Style dem französischen Style Rayonnante und der deutschen Hochgotik, der Perpendicular Style dem französischen Flamboyantstil und der deutschen Spät- und Sondergotik. Anders als auf dem Kontinent hatte der englische Spätstil des Perpendicular eine lange Nachwirkung bis ins 17. Jahrhundert, als Gothic Revival (Neugotik) sogar bis ins 19. Jahrhundert. Für den Übergangsstil zwischen dem normannischen Baustil und dem Early English Style, der in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts fällt, hat sich auch der Begriff des Transitional eingebürgert. Es entstanden aber nicht nur rein gotische Neubauten: Auch viele ältere Kirchen wurden im gotischen Stil umgebaut oder erhielten neue Anbauten. Wegen der langen Bauzeiten haben sich auch bei den Neubauten häufig verschiedene gotische Stilphasen vermischt.
Die englischen Kathedralen der Gotik besitzen im Osten oft zwei Querhäuser und einen geraden Chorabschluss; Chorumgänge wie in Frankreich fehlen zumeist. Der Chor wurde stark verlängert und statt einer Apsis häufig eine Marienkapelle (Lady Chapel) angebaut. Bei den Kapitelhäusern (Chapter House) zeigt sich die englische Vorliebe für den Rundbau. Im Vergleich zur französischen Gotik blieben die englischen Gewölbe sehr niedrig (Betonung der Horizontalen); auch lösten die Strebepfeiler nicht im gleichen Maße die Wand auf. Bei den Außenansichten der Kathedralen fallen vor allem die breiten kulissenartigen Westfassaden auf.

4.1. Early English Style (1175-1260)

Die frühe englische Gotik war noch stark von französischen Vorbildern beeinflusst. Die Kenntnis des neuen Baustils wurde insbesondere von dem Zisterzienserorden ins Land gebracht. Bis ins 13. Jahrhundert bildeten, wie schon zuvor in der normannischen Epoche, England und die Normandie eine politische wie kulturelle Einheit.
Zu den entscheidenden Stilmerkmalen des Early English Style gehört das Kreuzrippengewölbe, das zwar in Durham erfunden worden war, sich nun aber nach französischen Vorbildern ausformte. Im 13. Jahrhundert begann die Entwicklung komplizierter Gewölbeformen (Sterngewölbe) und bestimmter dekorativer Muster der Rippen (z. B. mit Scheitelrippen), wie sie für die englische Gotik charakteristisch wurden. Typisch sind ferner die lanzettförmigen Spitzbögen (etwa in der Fassade der Kathedrale von Ripon), für die der Stilbegriff Lancet geprägt wurde. Als erster englischer Bau der Gotik gilt der zwischen 1175 und 1184 von Wilhelm von Sens errichtete Chor der Kathedrale von Canterbury. Weitere Kathedralen, die während des Early English Style neu gebaut, umgebaut oder erweitert wurden, stehen in Wells (1180-1239), Chichester (nach 1186), Lincoln (begonnen 1192), Peterborough (1193-1214) und Salisbury (1220-1270). Im Profanbau spielen die Burgen noch die beherrschende Rolle, so der Tower von London, Winchester Castle und die zahlreichen Kastelle in Wales.
In der Buchmalerei hatte die Abtei von Saint Albans unter der Leitung des Mönchs Matthew Paris noch immer eine führende Stellung inne. Werke der Glasmalerei und Fresken sind aus dieser Epoche ebenfalls erhalten. In der Plastik nahm der Bauschmuck an Bedeutung und Umfang zu (z. B. die Westfassade der Kathedrale von Wells mit 350 Figuren, 2. Viertel des 13. Jahrhunderts), die dekorative Darstellung von Naturformen gewann allmählich an Realistik und Lebendigkeit.

4.2. Decorated Style (1250-1370)

Charakteristikum der Epoche des Decorated Style sind die reichen und phantasievollen Dekorationsformen im Kirchenbau. Als Maßwerk schmücken sie insbesondere Fenster und Wandflächen, doch auch die Gewölberippen fügen sich zu reicheren Mustern (Stern- oder Netzgewölbe). Der Spitzbogen wird zum Kielbogen. Der erhöhte Lichtgaden lässt den Einbau größerer, farbiger Fenster zu und erhellt so den Innenraum. Beispiele für den Decorated Style finden sich in Westminster Abbey in London (Chor, begonnen 1246) sowie in den Kathedralen von Lichfield (etwa 1256-1340), York (etwa 1290-1340), Wells (etwa 1290-1340), Bristol (1298-1332) und Gloucester (1329-1337). Zu den herausragenden Werken gehört das 1321 bis 1353 erbaute Vierungs-Oktogon der Kathedrale in Ely. Neben einer teilweise reichen Architekturplastik (Kathedrale von Lincoln) wurden Madonnenfiguren und Grabmäler geschaffen. Die Malerei umfasst neben Buchmalerei und Fresken nun auch die Tafelmalerei, insbesondere als Altarbilder (Altarretabel von Thornham Parva in Suffolk, um 1320).

4.3. Perpendicular Style (1330-1560)

Der Perpendicular Style (perpendicular: senkrecht) nahm die Phantastik des Decorated Style zugunsten eines klaren, geometrischen Stils mit Betonung der Vertikalen - und zuweilen auch der Horizontalen - zurück. Das Maßwerk der Fenster und das Stabwerk der Wandgliederung zeigte sich nun bevorzugt als strenges Gitternetz. Die Spitzbögen wurden in Rechteckfelder eingepasst. Zum Netz- und Sterngewölbe trat das für den Perpendicular Style typische Fächergewölbe. Der neue Stil wurde erstmals in der Kathedrale von Gloucester verwirklicht (Chor, Kreuzgang mit Fächergewölbe, 1337-1357). Weitere Beispiele sind die Winchester Cathedral (Langhaus, begonnen 1394), King's College Chapel in Cambridge (begonnen 1446) und die Henry VII. Chapel in Westminster Abbey (1503-1519). Daneben entstanden in England dank eines zu Wohlstand gekommenen Bürgertums zahlreiche Pfarrkirchen. Zu den ebenfalls zahlreichen Profanbauten gehören beispielsweise Westminster Hall in London (1393-1399), der Hampton Court Palace (begonnen 1510) sowie die College-Gebäude in Oxford und Cambridge. Weiterhin haben sich aus dem späten Mittelalter zahlreiche Fachwerkbauten erhalten. Die Kunstgattungen der Bildhauerei und Malerei wurden während des Perpendicular Style weiter gepflegt, für die Buchmalerei war dies aber die letzte Epoche.
Im Stil des Perpendicular wurde in England über 200 Jahre lang gebaut, also weit über das Ende des Mittelalters hinaus. Noch 1640 wurde beispielsweise in Oxford das Treppenhaus des Christ Church College mit einem Fächergewölbe gebaut. Im Tudor Style vermischte sich der Perpendicular Style mit Formen der Renaissance. England ist das einzige europäische Land, in dem der gotische Stil nie ganz ausstarb, so dass ihn der Klassizismus und der Historismus im 19. Jahrhundert nicht wieder entdecken mussten, sondern fast unmittelbar weiter führen konnten. In gewisser Weise wurde so der Perpendicular Style zum Nationalstil Englands.

5. Tudor Style und Elizabethan Style (1485-1610)

Der Begriff Tudor Style (Tudorstil) bezieht sich auf die Dynastie der Tudors, die von 1485 bis 1603 herrschte. Die letzte Regentin dieses Hauses war Elisabeth I., unter deren Herrschaft (1558-1603) sich der Elizabethan Style (Elisabethanischer Stil) entwickelte. Die beiden schwer zu unterscheidenden und in sich uneinheitlichen Stile existierten eher nebeneinander als nacheinander. Die Baukunst nahm Elemente der italienischen, deutschen und flämischen Renaissance auf und verband sie auf eigenwillige Weise mit den weiterhin lebendigen Formen des spätgotischen Perpendicular Style.
Das erste Werk des Tudorstils war die Kapelle Heinrichs VII. in der Westminster Abbey, mit deren Bau 1511 begonnen wurde. Doch die eigentliche Domäne der Baukunst dieser Zeit war der Profanbau (Schlösser, Landsitze etc.), während der Kirchenbau nahezu zum Erliegen kam. Die großen Schlossanlagen, die sehr zahlreich zur Zeit Elisabeths entstanden, wurden achsial-symmetrisch mit drei Flügeln um einen offenen Hof angelegt. Der prunkvolle Hauptraum war in der Regel extrem schmal und lang gestreckt (bis 80 Meter). Die Wände wurden zumeist von großen Fenstern durchbrochen, die gitterartig unterteilt waren und ohne plastische Umrahmung blieben. Blendgiebel verdeckten die flachen Dächer. Die Inneneinrichtung orientierte sich stark an der niederländischen Wohnkultur. Beispiele für Renaissancebauten sind der Hampton Court Palace bei London (begonnen 1514), Longleat House bei Warminster (1567-1578), Burleigh House bei Stamford (1560-1580), Wollaton Hall bei Nottingham (1580-1588) und Hartwick Hall bei Chesterfield (1587-1599). Viele Landsitze wurden auch als Fachwerkbau ausgeführt.
Bedeutungslos blieben im 16. und 17. Jahrhundert die englische Malerei und Bildhauerei. Auch Hans Holbein der Jüngere, der zwischen 1526 bis 1528 und von 1532 bis zu seinem Tod im Jahr 1543 in England wirkte, hinterließ keine bedeutenden Nachfolger. Während der elisabethanischen Epoche schuf Nicholas Hilliard als Hofmaler Porträts in Miniaturmalerei.

6. Barock (1610-1720)

Ähnlich wie in der französischen Kunst und Architektur, so entwickelte sich auch in England an Stelle des Barock, wie er sich in Italien und Süddeutschland ausprägte, ein klassischer Stil. Der Umbruch von der vorangegangenen Renaissance vollzog sich um 1610 bzw. 1620, doch verschleiert die Kontinuität des spätgotischen Stils den Epochenwechsel. Im 18. und 19. Jahrhundert ging der klassische Stil nahtlos in den Klassizismus über. England näherte sich mit dem klassischen Stil nun wieder der kontinentaleuropäischen Kunstgeschichte an. Insbesondere der spätere gesamteuropäische Klassizismus verdankt England wesentliche Impulse. In der Baukunst, insbesondere aber in der Innenarchitektur und im Möbelbau werden als Sonderstile der Jacobean Style (1610-1640) und der Queen-Anne-Stil (1690-1720) ausgeschieden.
Der klassische Stil zeichnet sich durch ausgewogene Proportionen und Regelmäßigkeit, eine strenge Säulenordnung und Fenster ohne Rahmung aus. Der erste und wegweisende englische Baumeister des klassischen Stils war Inigo Jones, der sich besonders an der italienischen Hochrenaissance und den Bauten Andrea Palladios geschult hatte. Der Palladianismus wurde in England für ungefähr zwei Jahrhunderte zum beherrschenden Baustil. Mehr in der gotischen Tradition stand Sir Christopher Wren, der nach dem Großen Brand von London 1666 ein weites Betätigungsfeld fand. In seinen Entwürfen für 50 Kirchen verband er klassische Elemente mit gotischen Elementen. Sein Hauptwerk, die Saint Paul's Cathedral, entwarf er in Auseinandersetzung mit Sankt Peter in Rom. Weitere Baumeister des klassischen Stils waren John Vanbrugh und Nicholas Hawksmoor.
Die englische Bildhauerei und Malerei des Barock blieb noch weitgehend hinter der kontinentaleuropäischen Entwicklung zurück und wurde vorwiegend von ausländischen Künstlern vertreten, darunter Anthonis van Dyck, Peter Lely und Godfrey Kneller, die als Hofmaler in London arbeiteten.

7. Georgian Style (1720-1820)

Ohne Zäsur ging der Barock des Queen-Anne-Stils in den Georgian Style über. Dieser klassizistische Stil (Classical Revival) war weiterhin dem Palladianismus verpflichtet, orientierte sich aber auch zunehmend direkt an den Kunstformen der griechischen und römischen Antike und verstand sich als dem Rationalismus und der Aufklärung verpflichtete Gegenbewegung zum als dekadent empfundenen Rokoko.
In der Architektur und Innenarchitektur wirkten neben James Gibbs (Radcliffe Camera in Oxford, ein Zentralbau, 1737-1748) und John Wood vor allem die Brüder Robert und James Adam stilbildend. Die klassizistische Richtung wurde von Sir William Chambers und Sir John Soane fortgeführt. William Kent wies mit seiner neuen Form des englischen Landschaftsgartens der Landschaftsarchitektur und der Gartengestaltung neue Wege. Dem englischen Möbelbau verhalfen Thomas Chippendale, George Hepplewhite mit seinem Hepplewhite-Stil und Thomas Sheraton zu Weltgeltung; Josiah Wedgwood war einer der bedeutendsten Keramiker seiner Zeit.
Im 18. Jahrhundert setzte die Blütezeit der englischen Malerei ein. Für seine gesellschaftskritischen Werke wurde William Hogarth berühmt; die bedeutendsten Porträtmaler ihrer Zeit waren Sir Joshua Reynolds, Thomas Gainsborough, George Romney und Sir Thomas Lawrence; unter den Landschaftsmalern ragen John Crome, John Constable und besonders William Turner hervor, der eine nachhaltige Wirkung auf die Kunstauffassung der Moderne ausübte, als Tiermaler wurde George Stubbs bekannt, als Historienmaler William Etty (1787-1849). Diesen realistisch-sensualistisch geprägten Künstlern stand eine romantisch-mystische Richtung gegenüber, vertreten vor allem durch William Blake und dem aus der Schweiz stammenden Johann Heinrich Füssli.
In der zweiten Hälfte des 18. und im 19. Jahrhundert spielte England insbesondere auch in der Aquarellmalerei eine führende Rolle, Beispiele (unter sehr vielen anderen) sind die stimmungsvollen Landschaftsbilder von Thomas Girtin und Richard Parkes Bonington. Dagegen gehörte die Bildhauerei in England zu den wenig entwickelten Kunstarten; hier erlangten nur wenige Künstler einige Berühmtheit, z. B. John Flaxman, der auch als Illustrator hervortrat. 1768 wurde die Royal Academy of Arts gegründet, die bis heute jährliche Ausstellungen veranstaltet.

8. Gothic Revival (1820-1840)

Das Gothic Revival (gotische Wiederbelebung) führte die nach wie vor lebendigen gotischen Stilformen der Architektur mit einem romantischen Empfinden weiter. Gotische Stilformen griffen nun auch im Profanbau und in der Inneneinrichtung Platz; die wichtigsten Werke waren die Villa des Schriftstellers Horace Walpole und die Umgestaltungen von Windsor Castle durch J. Wyatville (1776-1840). Zu dieser Richtung kann auch das eklektizistische Werk von John Nash gerechnet werden, während Sir Robert Smirke in seinen wichtigsten Arbeiten eine englische Variante des Greek Revival bevorzugte.

9. Victorian Style (1840-1900)

Die Stilepoche des Historismus fällt in England ziemlich genau in die Zeit der Regentschaft (1837-1901) von Königin Viktoria und wird daher als Victorian Style bezeichnet. Im Sakralbau griff die viktorianische Architektur zumeist, das Gothic Revival fortsetzend, auf spätgotische Stilformen (Neugotik) zurück, seltener auch auf die Romanik, während der Profanbau weiterhin klassische mit gotischen Formen kombinierte. Sir Charles Barry bevorzugte einen Neorenaissance-Stil; für sein Hauptwerk, das Parlamentsgebäude Houses of Parliament (1835-1852) in London allerdings wählte er ebenfalls neugotische Formen. Ein typischer Vertreter des eklektizistischen Historismus war Richard Norman Shaw.
Als zukunftsweisender erwies sich die zeitgenössische Entwicklung der Ingenieurbaukunst. Dazu zählen nicht nur technische Zweckbauten wie Kanäle, Eisenbahnbrücken und Tunnel, entworfen von Bauingenieuren wie Isambard Kingdom Brunel und Thomas Telford, sondern auch die berühmt gewordenen Glasbauten für Ausstellungszwecke, wie der von Sir Joseph Paxton konstruierte Kristallpalast. Während Gebäude wie der Kristallpalast mit seinen rational-geometrischen Formen schon durchaus modern anmuten, lehnen sich Ingenieurbauten wie die glasüberdachte Ausstellungshalle des Universitätsmuseums in Oxford von 1860 noch an gotische Formen an - in dieser Verbindung mit der Technik spielte die Gotik nunmehr ihre geschichtlich letzte Rolle.
In der Malerei waren nach der Jahrhundertmitte die Präraffaeliten bestimmend. Zu dieser Künstlerbewegung, die sich an der Malerei vor Raffael orientierte, gehörten William Holman Hunt, Dante Gabriel Rossetti, John Everett Millais und Edward Coley Burne-Jones. Die eher konservative Historienmalerei der Zeit wurde von Malern wie Sir Lawrence Alma-Tadema vertreten. Von der japanischen Kunst ließ sich der aus Amerika stammende Maler und Radierer James McNeill Whistler inspirieren.

10. Arts and Crafts und Modern Style (1888-1910)

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts formierte sich ein intellektueller und künstlerischer Widerstand gegen die immer deutlicher sichtbaren sozialen Missstände und kulturellen Schäden, die das industrielle Zeitalter hinterließ. Rückbesinnung auf handwerkliche Traditionen in Verbindung mit einer Sozialreform war das zentrale Anliegen des Arts and Crafts Movement. Zu den Wortführern dieser Bewegung gehörte der Schriftsteller und Kunstkritiker John Ruskin; zu den maßgeblichen Kunsthandwerkern William Morris und Walter Crane. Im Geiste der Sozialreform stand auch die von Ebenezer Howard begründete Gartenstadt-Bewegung. Vom Arts and Crafts Movement war auch der englische Architekt Sir Edwin Landseer Lutyens beeinflusst.
Der Jugendstil wird in England Modern Style genannt. Als Architekt und Kunsthandwerker dieser Periode trat der Schotte Charles Rennie Mackintosh hervor, als Zeichner und Buchillustrator Aubrey Vincent Beardsley.

11. Moderne

Die englische Architektur blieb trotz der viel versprechenden Ansätze des 19. Jahrhunderts im Sinne eines historisierenden Eklektizismus weitgehend konservativ und nahm nur vereinzelt Einflüsse der kontinentaleuropäischen modernen Architektur auf. Erst nach dem 2. Weltkrieg gewann sie Anschluss an die internationale Entwicklung. Wichtige Impulse gingen von der Richtung des New Brutalism (siehe Brutalismus) aus, einen Begriff, den die Architekten Alison (*1928) und Peter Smithson (*1923) prägten. Im Sinne des Brutalismus arbeiteten James Gowan und in seinen frühen Werken James Stirling, der später einer der führenden Vertreter der postmodernen Architektur wurde. Norman Foster (*1935) benutzt eine technizistisch ausgerichtete Formensprache.
Nachdem die Bildhauerei in der englischen Kunstgeschichte zu keiner Zeit eine herausragende Rolle gespielt hatte, trat im 20. Jahrhundert mit Henry Moore erstmals ein international wegweisender Bildhauer hervor. Auch leisteten Künstler wie Jacob Epstein, Barbara Hepworth oder später der der Pop-Art nahe stehende Eduardo Paolozzi bedeutende Beiträge zur modernen Kunst. In der Malerei vermittelt das Geschwisterpaar Augustus und Gwen John, beide Porträtmaler, zwischen Spätimpressionismus und Moderne. Zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit bewegte sich Ben Nicholson (1894-1982). Paul Nash und Graham Sutherland reflektierten in ihren Werken vor allem die Erfahrungen der beiden Weltkriege. Ausschließlich innerhalb der individuellen Existenz, ambivalent zwischen extremer Animalität und verletzbarer Sensibilität, zwischen Einsamkeit und Lebensgier der Figuren, entfalteten sich die Motive von Francis Bacon, einem der international bedeutendsten Maler nach 1945. Auch Lucian Freud entwickelte die gegenständliche Malerei weiter. Richard Hamilton gilt als einer der Wegbereiter der Pop-Art, der auch David Hockney zuzurechnen ist.
Die englische Kunst der jüngeren Vergangenheit zeigt wie in allen Ländern eine verwirrende Vielfalt individueller Ansätze. Zu den bekanntesten Vertretern gehören in der Malerei der aus Amerika stammende Ronald B. Kitaj (*1932), in der Bildhauerei Barry Flanagan (*1941), Bill Woodrow (*1948), Tony Cragg (*1949), Richard Deacon (*1949) und der aus Indien stammende Anish Kapoor (*1954), das Künstlerpaar Gilbert & George arbeitet in den Bereichen Photographie und Performance. Zu den bedeutendsten Vertretern der Land-art gehören Hamish Fulton (*1946) und Richard Long, der mit seinen Steinkreisen an archaische Kultstätten anknüpft und mit dem Kreis bzw. Ring ein seit Stonehenge für die englische Kunst charakteristisches Element neu thematisiert.
Autor:Robert Morten
Datum:Samstag, 11.August.2001, 14:04
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