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Headline:"Umweltschutz ohne Staat, Markt und Profit"
Stichwort:Geld
Rubrik:Geld
Datum:11.Februar.2001, 20:49
Text:So lautete die Botschaft auf einem Bettlaken, das vier Demonstranten bei dem ersten Vortrag des Kongresses “Grünes Geld” in Berlin verkündeten. Der Slogan sollte den Unmut der Demonstranten über den “Öko-Neoliberalismus” kund tun. Mittels der “Ökozeitung gegen Markt und Kapital” versuchten sie, Ihre Vision eines “Umweltschutzes von unten” zu verbreiten. Ernst-Ulrich von Weizsäcker, der ehemalige Präsident des Wuppertal-Instituts und jetzige SPD-Bundestagsabgeordnete, wurde in seinem Vortrag kaum gestört: Er reagierte gelassen und forderte auf, "die Demonstranten doch einfach dort stehen zu lassen". Das Publikum des von ECOreporter.de inhaltlich organisierten Kongresses sagte, die Bettlaken-Zeiger sollten die Bühne verlassen - was sie dann auch friedlich taten, aber erst nach Ende des Vortrags von Weizsäcker. Da die Demonstranten sich nicht inhaltlich an einer Diskussion beteiligen wollten und und die Aufschrift auf dem Bettlaken in dieser Verkürzung kaum verständlich schien, greift die ECOreporter.de-Redaktion die Diskussion in dem folgenden Kommentar von ECOreporter.der-Mitarbeiter Jasper Großkurth noch einmal auf: Der Angriff auf die ökologische Marktwirtschaft kam aus der Ecke des radikalen, emazipatorischen Umweltschutzes: Statt für Umwelt AGs und ökologisch denkende AktionärInnen kämpfen die Demonstranten und ihre Gesinnungsgenossen für die “Demokratisierung von Flächen- und Rohstoffverbrauch”: ökologische Bauernhöfe im Gemeinschaftsbesitz, Stromnetze und Windanlagen im Besitz lokaler BürgerInnen und andere Bestandteile kleiner Wirtschaftssysteme ohne Staatsgewalt.

Es ist symptomatisch für Umweltinitiativen, dass sie ihre Gegner in nächster Nähe auswählen: Die Demonstranten wählten mit den grünen Anlegern und Unternehmern eine Zielgruppe, die sich dem Umweltschutz auf ihre eigene Art verschrieben hat. Demonstranten und Kongressteilnehmer scheiden sich vor allem an der Frage, ob Marktwirkung und ethisch-ökologische Ziele vereinbar sind.

Für die radikalen Utopisten ist die Antwort eindeutig: Markt und Umweltschutz sind unvereinbar, weil die zum Teil gut meinenden Unternehmen und ihre Mitarbeiter noch immer den Zwängen des Kapitalismus ausgesetzt sind. Lohnarbeit, fehlende Selbstorganisationsfähigkeit und Entfremdung sind neben fortschreitender Umweltzerstörung die Folge.

Eines sollte man als ökologischer Anleger nicht vergessen: Jede ökonomische Aktivität – ökologisch oder nicht - hinterlässt Spuren in der Umwelt. Rohstoffverbrauch, Emissionen und Zerstörung von Lebensraum werden auch von den ökologischsten Unternehmen der Umweltbranche verursacht.

Die grünen Kapitalisten nutzen zur Verminderung der Umweltzerstörung die Werkzeuge, die im heutigen System der sozialen Marktwirtschaft auf der Hand liegen: Investment und Konsum. Beides kann aus ethischen und moralischen Gesichtspunkten geschehen, das Mittel bleibt jedoch das Geld. Die Anleger und Konsumenten belohnen nach den Gesetzen des Marktes ökologisches Handeln in der Produktion durch höheres Investment und den Konsum der jeweiligen Produkte. Durch dieses Belohnungssystem, das häufig noch durch entsprechende Unterstützungen des Staates (z.B. das Energieeinspeisegesetz, EEG) ergänzt wird, soll der Gesamtschaden vermindert werden, den die Wirtschaft anrichtet..

Die Marktstrategie funktioniert allerdings nur bei den Umweltschutzmassnahmen, die rein ökonomisch sinnvoll und profitabel sind. Der finanzielle Erfolg der Umweltbranche beruht nahezu ausnahmslos auf drei ökonomischen Mechanismen: Energieeffizienz (z.B. Transmeta und Jenbacher), Unabhängigkeit von Rohstoffen (Umweltkontor und Solarworld), Wiedergewinnung von Rohstoffen (Interseroh und Wedeco). Aktivitäten, die sich finanziell nicht rentieren, sind weiterhin nur Randerscheinungen in der Form von Bürgerinitiativen und Stiftungen.

Diese Argumente sollten jedoch niemanden vom Investment in die Ökologiebranche abhalten, sondern eher zur aktiven Teilnahme an ökonomisch nicht-rentablen Projekten stimulieren. Denn ökologische Marktwirtschaft und Eigeninitiative für eine bessere Welt schliessen sich nicht gegenseitig aus. Sie können nebeneinander im heutigen Gesellschaftssystem bestehen und einander sogar verstärken. Einen radikalen Systemwechsel kann man auf diese Weise allerdings nicht herbeiführen.


Quelle:Oeko-Invest.de
Link:www.oeko-invest.de

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