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Headline:Luchskiller: Pro Natura forschte selber nach
Stichwort:Luchs
Rubrik:Naturschutz
Datum:2.April.2001, 21:46
Text:Mindestens 47 Luchse sind in der Schweiz bisher illegal getötet worden. Kein Täter wurde je verurteilt. Falsch parken kostet - Luchse töten nicht. Pro Natura hat sich selber auf die Fährte der Luchskiller gesetzt. Entstanden ist eine beklemmende Publikation. Nicht nur eine gefährdete Tierart steht im Fadenkreuz, sondern auch die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaates.

19. September 2000: Der Halsbandsender des jungen Luchses TELL wird in der Aare bei Belp sichergestellt. Das Tier ist offenbar getötet worden. Es ist der sechste Fall illegaler Luchstötung im Jahr 2000. TELL ist am Niesen zur Zeit der Hochjagd verschwunden. Alle Jäger, die ein Wild erlegen, haben dieses Tier der Wildhut vorzuweisen und werden verzeichnet. Eine vielversprechende Ausgangslage für die Aufklärung des Falles TELL, müsste man meinen.

Schweigen hilft allemal
Pro Natura ist dem Fall TELL und anderen ungeklärten Fällen von Luchstötungen nachgegangen. Sie hat festgestellt, dass der eng begrenzte Zeugenkreis der Niesen-Jäger im Fall TELL nicht einmal einvernommen worden ist. Untersuchungsbehörden und Polizei sprechen achselzuckend von einer «Mauer des Schweigens», die nicht zu durchbrechen sei. Damit will sich Pro Natura nicht abfinden. Urs Tester, Leiter der Luchskampagne: «Gerade weil von den Tätern ein Klima der Angst geschaffen wird, ist es rechtsstaatlich unbedingt nötig, dass die Behörden endlich durchgreifen.» Tester erinnert daran, dass der Berner Jagdinspektor, die Wildhüter, Luchsforscher und andere, die sich für den Luchs einsetzen, massiven Drohungen ausgesetzt waren und sind. Hinter vorgehaltener Hand wird von «mafiösen Zuständen» gesprochen. Dadurch sind Meinungsfreiheit und Gerechtigkeit, zentrale Errungenschaften unserer Demokratie, gefährdet. Gemäss Recherchen von Pro Natura werden wichtige Informationsquellen zur Ermittlung der Täterschaft nicht genutzt. Auch im jüngsten Fall eines erschossenen Jungluchses aus Meiringen geizen die Untersuchungsbehörden mit Informationen. Urs Tester: «Die Untersuchungsbehörden nähren einmal mehr unsere Zweifel an einer energischen Behandlung des Falles.»

Seit 1974 auf der Abschussliste
In ihrer neuen Publikation «Wer tötet den Luchs?» beleuchtet Pro Natura die skandalöse Geschichte illegaler Luchstötungen in der Schweiz seit der Wiederansiedlung des Tieres 1971. Schon 1974 wurde der erste Luchs getötet. Ein Zusammenhang zwischen Luchstötungen und der Zahl freilebender Luchse oder den Fällen getöteter Schafe existiert gemäss den Untersuchungen von Pro Natura nicht. Für fanatische Luchshasser ist jeder Luchs ein Luchs zu viel. Und seit 30 Jahren können sich diese Kreise in der beruhigenden Erkenntnis wiegen, dass der Rechtsstaat sie weitgehend in Ruhe lässt. Ein interner Untersuchungsbericht über den Jagddienst des Kantons Wallis hält 1999 zum Thema Luchs fest: «Viele, - von der Jagdabteilung über Wildhüter und Jungjägerausbilder bis zum Jäger - , nahmen bis vor kurzem den Abschuss dieses geschützten Tieres in Kauf.» Erst ein Mal wurde ein Luchskiller überführt - 1991 im französischen Jura. Das getötete Tier, ein von Schweizer Wissenschaftern besendertes Männchen, war erschossen worden. Durch rasches Vorgehen, energische Einvernahmen und die Erkenntnisse aus ballistischen Untersuchungen gelang es den Behörden, ein Geständnis zu erwirken. Der fehlbare Jäger wurde mit drei Jahren Entzug der Jagdberechtigung gebüsst.

Rechtsfreier Raum im Oberland?
Von solchen Erfolgen kann man in der Schweiz nur träumen. Gemäss Recherchen von Pro Natura getrauten sich zwei Jäger im Herbst 2000 sogar, in den Beizen von Wimmis Fotos getöteter Luchse herumzuzeigen. Die Untersuchungsbehörden bestätigen die Erkenntnisse von Pro Natura, doch passiert ist nichts. Ein ganzes Dorf schweigt - offenbar aus Angst. Die fraglichen Jäger wurden, angeblich aus Gründen des Zeugenschutzes, nicht einmal einvernommen. Ganz ähnlich in Lauenen, wo im Herbst 2000 das Halsband der verschwundenen Luchsin RAJA in einem Autokofferraum gefunden wurde. Die beiden Männer, die das Halsband «gefunden» haben, mussten der zuständigen Untersuchungsrichterin gemäss Recherchen von Pro Natura nicht einmal den angeblichen Fundort zeigen. Bei

Pro Natura ist man erschüttert darüber, wie sich Staat und Rechtspflege an der Nase herumführen lassen. Urs Tester, Pro Natura: «Es ist beschämend, dass unser Land nicht in der Lage ist, eine bedrohte Tierart wirksam vor schiesswütigen Kriminellen zu schützen.»

Handeln - aber sofort!
Der Luchs ist durch die regelmässigen illegalen Tötungen gefährdet. Eine zweite Ausrottung der Tierart in der Schweiz ist immer noch möglich. Pro Natura verlangt deshalb:

- Eine Kampagne gegen das illegale Töten von Luchs, Wolf und anderen geschützten, gefährdeten Tierarten.

- Eine konsequente strafrechtliche Verfolgung der Täter.

- Ein der Schwere der Tat angemessenes Strafmass.

- Ein konkretes Engagement der Jagdverbände und ihrer Mitglieder gegen die illegale Tötung von Luchs, Wolf und anderen geschützten Tierarten.

Pro Natura ihrerseits bleibt am Ball: «Wir setzen unsere Aufklärungskampagne fort, erstatten für jeden getöteten Luchs Anzeige gegen Unbekannt und werden unsere eigenen Recherchen weiter vorantreiben», kündigt Urs Tester an.


Quelle:ProNatura Schweiz
Link:www.pronatura.ch


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