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Gesetze verhindern keine Katastrophen
VON JUTTA VOSSIEG
In letzter Sekunde ist das eigentlich schon
verabschiedete Waffengesetz vom Bundesrat gestoppt worden. Eine weitere Verschärfung,
die vor dem Amoklauf von Erfurt allenthalben abgelehnt wurde, soll jetzt
verhindern, dass so etwas in Zukunft wieder passiert.
Nun also die Schützen. Als tumbe „Ballermänner“ („Der Spiegel“)
diffamiert, sollen sie an die Kandare genommen werden, weil Verbrecher häufig
Schusswaffen benutzen. So wie ausländische Studenten unter eine
verfassungsrechtlich bedenkliche Rasterfahndung fallen, damit sich der 11.
September nicht wiederholt. So wie niemand heute mehr seinen Pudel von der Leine
lassen darf, damit keine Kinder mehr tot gebissen werden.
Im Klima allgemeiner Wut, Betroffenheit und Ratlosigkeit, das auf von
Menschen verursachte Katastrophen folgt, ist es für Politiker in einer
Mediendemokratie so gut wie unmöglich, nichts zu unternehmen; rundheraus
zuzugeben, dass es sich um singuläre Ereignisse handelt, die sich immer und überall
wiederholen können. Gegen die es keinen unmittelbaren Schutz gibt. Aus denen
erst nach sorgfältiger Analyse Lehren und Konsequenzen gezogen werden können.
Reflexartig werden Gesetze und noch schärfere Gesetze angekündigt - als gäbe
es eine Möglichkeit, Kurzschlüsse in Menschenhirnen zu verbieten. Suggestive
Umfragen in aufgeheizter Atmosphäre geben den „Machern“ scheinbar Rückenwind.
Der kollektiven Illusion der Beherrschbarkeit aller Lebensrisiken, der Sehnsucht
nach einfachen, wirksamen Lösungen kann sich kaum jemand entziehen. Dabei fällt
es der Mehrheit leicht, über Minderheiten zu richten. Sie steht, mangels
Kenntnis der Materie und Verständnis für die Interessen anderer, natürlich
immer hinter Gesetzen, die die Freiheiten einzelner Gruppen unter einem populären
Vorwand einschränken.
Wer heute nach Auflagen für seinen Nachbarn ruft, kann aber morgen selbst
betroffen sein. Es gibt kaum ein Individualinteresse, das nicht als Beeinträchtigung
anderer ausgelegt werden kann, einen spektakulären Anlass vorausgesetzt. Man
denke nur an die brutalen Ausschreitungen im Dunstkreis von Fußballspielen oder
die grauenhaften Unfälle zu Beginn jeder Motorradsaison. Kein Wunder ist
hingegen, dass es ähnliche Bestrebungen nach dem Unfalltod des Sohnes des Kölner
OB, verursacht durch PS-verliebte junge Männer, nicht gegeben hat: Autofahren
ist schließlich Volkssport.
Eine Gesellschaft, die scheinbar wahllos Verbote ausspricht, deren
Gesetzgebung sich an den aktuellen Schlagzeilen orientiert, ist eine zutiefst
unfreie. Sie misst ihre Bürger an Maßstäben, die von Psychopathen und
Kriminellen gesetzt werden. Sie traut ihren Menschen Verantwortungsbewusstsein,
Augenmaß und vor allem persönliche Integrität nicht mehr zu. Dabei gibt es
niemals einen absoluten Schutz vor dem „Faktor Mensch“.
Sämtliche Gesetzesverschärfungen gehen an den eigentlichen Ursachen der
auslösenden Ereignisse vorbei. Robert Steinhäuser wurde in Erfurt nicht zum
Massenmörder, weil er Sportschütze war, sondern weil er, völlig vereinsamt,
durch sämtliche Raster gefallen war - unter den Augen von Eltern, Lehrern und
Behörden. Das World Trade Center stürzte nicht ein, weil junge Leute aus aller
Welt in Deutschland unbehelligt studieren dürfen, sondern aus Gründen, die so
kompliziert sind, dass die Welt darüber noch lange zu diskutieren haben wird.
Der kleine Volkan wurde nicht totgebissen, weil manche Leute Hunde mögen,
sondern weil die Hamburger Behörden vor der Chuzpe eines Kriminellen
kapitulierten, der jahrelang in aller Öffentlichkeit mit seinem Kampfhund als
Waffe protzte.
Immer feiner ziselierte Gesetze werden neue Katastrophen nicht unterbinden,
weil sie stets nur die ohnehin Gesetzestreuen treffen. Daneben wächst stetig
eine Parallelgesellschaft, die von Polizei und Verwaltung weitgehend in Ruhe
gelassen wird - ob aus Bequemlichkeit oder Personalmangel spielt im Ergebnis
keine Rolle.
Es ist einfach, billig und verkauft sich gut, registrierten Sportschützen,
eingeschriebenen Studenten oder steuerzahlenden Hundehaltern immer neue
Vorschriften zu machen. Den Kampf gegen die Flut illegaler Waffen, die sich
jeder über ein paar Kontakte besorgen kann, aufzunehmen, Jugendlichen
rechtzeitig Hilfe und Orientierung anzubieten, die Veranstalter der lukrativen
Hundekämpfe zu verfolgen oder die Ursachen des Terrors zu bekämpfen ist
hingegen eine Sisyphos-Arbeit. Sie erfordert erheblichen finanziellen und
personellen Einsatz sowie Phantasie und Bereitschaft zum Umdenken und zeitigt
erst langfristig Erfolg - wenn überhaupt.
Quelle: Kölner
Stadtanzeiger
| 03.06.02, 20:14 |
Die 56 Beagle Welpen sind in Sicherheit |
Die 56 Beagle Welpen sind in Sicherheit
Nach Anzeige beschlagnahmt - EU-Parlamentarier Michl Ebner löst die Hunde
aus
ZERGnews berichtete <hier>
Bozen (rc) - Gerettet! Die 56 Beagle-Welpen, auf die im Hamburger Versuchslabor
ein grausamer Tod gewartet hätte, bleiben in Südtirol. Nachdem Staatsanwalt
Benno Baumgartner die Hunde gestern Vormittag beschlagnahmen ließ, hat
Europaparlamentarier Michl Ebner sie um 19.666,64 Euro von der Zucht "Morini"
in der Emilia Romagna freigekauft. Die "Dolomiten" starten die Aktion
"Retten wir die Beagles vor dem Labor", um den Tieren ein neues,
liebevolles Zuhause zu vermitteln.
"Ich hoffe sehr, dass sich eine Möglichkeit findet, die Hunde
freizukaufen und ihnen ein qualvolles Ende zu ersparen", sagte Staatsanwalt
Benno Baumgartner gestern. Sein Wunsch hat sich erfüllt: Die 56 Beagle-Welpen
bleiben hier.
Gestern überschlugen sich die Ereignisse: Um zehn Uhr hatte Baumgartner die
Beschlagnahme aufgrund einer Anzeige wegen Tierquälerei verfügt, die der
Bozner Gemeinderat Rudi Benedikter (hat sich gemeinsam mit Stadtrat Stefano
Fattor der Hunde angenommen) erstattet hat. Der Anzeige war die Bescheinigung
von Tierarzt Giovanni Lorenzi, dem Leiter des Tierheims in der Sill, beigefügt,
aus der hervorging, wie qualvoll der Transport für die Hunde gewesen sein muss.
Höchste Eile war geboten: Die Züchter hatten nämlich angekündigt, dass
ein dritter Kleintransporter die Hunde noch im Tagesverlauf abholen würde. Wären
die Begleitpapiere in Ordnung gewesen, hätte nichts mehr die Todesfahrt der
Welpen nach Hamburg stoppen können. Durch die einstweilige Verfügung wurde die
Gefahr abgewendet.
Indes hatten zahlreiche Personen bei den Züchtern interveniert.
EU-Parlamentarier Michl Ebner, dem das Schicksal der Tiere wie den meisten Südtirolern
sehr zu Herzen ging und sich seit jeher auf europäischer Ebene für den
Tierschutz stark macht, gelang es schließlich nach schwierigen Verhandlungen,
die Hunde freizukaufen. Am Nachmittag stand fest: Südtirol ist um 112
Schlappohren reicher.
Jetzt suchen die Beagle-Welpen, die derzeit im Tierheim in der Sill verpflegt
werden, ein neues Zuhause. Im Rahmen der "Dolomiten"-Aktion
"Retten wir die Beagles vor dem Labor" können alle Südtiroler, die
einen der 56 Hunde kaufen möchten, sich mit Namen, Telefonnummer und Adresse in
der "Dolomiten"-Redaktion melden (e-mail: dolomiten@athesia.it,
Fax 0471 925440). Die Vergabe erfolgt nach Reihenfolge der einlaufenden
Anfragen.
Quelle: Dolomiten
Online
| 02.06.02, 16:12 |
56 Beagle-Welpen ohne Futter und Wasser |
56 Beagle-Welpen ohne Futter und Wasser
Zusammengepfercht in einem Kleintransporter entdeckt - Für Tierversuche
bestimmt
Freienfeld (tr/uli/hof) - Das klägliche Winseln aus einem mit Plane
abgedeckten Kleintransporter alarmierte am Mittwoch um 20 Uhr eine Streife der
Sterzinger Verkehrspolizei auf der Raststätte der Brennerautobahn in Freienfeld.
Als die Beamten nachschauten, entdeckten sie 56 Hundewelpen (Beagles), die in
viel zu kleinen Holzkisten eingepfercht waren.
Wie der Kommandant der Verkehrspolizei Sterzing, Peter Mock erklärte,
stammten die Tiere aus Reggio Emilia und waren für Versuchszwecke in einem
toxikologischen Institut in Hamburg bestimmt. Da die Papiere unvollständig
waren, wurde der Transport nach Sterzing gebracht und der zuständige
Amtstierarzt Johann Hofer verständigt. Dieser stellte fest, dass die Tiere weder
Futter noch Wasser zur Verfügung und in den untersten Kisten kaum Luft zum Atmen
hatten. Die Belüftung hatte nicht funktioniert. Das Fahrzeug war für den
Transport lebender Tiere gar nicht zugelassen. Zudem war der Kleintransporter
mehr als acht Stunden unterwegs, was ebenfalls nicht erlaubt ist.
Den Lenker schien die ganze Angelegenheit nicht zu berühren, obwohl er über
keine sogenannte "Marschtabelle" mit Fütterungs- und Rastzeiten verfügte. Nicht
gefüttert und getränkt habe er die Hunde, "weil sie sonst erbrochen hätten",
sagte der Mann.
"Wir haben den Transport gestoppt und dem Fahrer einen Strafbescheid über
4000 Euro aufgebrummt", erklärte Inspektor Mock. Das Ansinnen das Fahrers, die
Tiere wieder nach Reggio Emilia zurückzubringen, wurde von den Ordnungshütern
kategorisch abgewiesen. Mit dem Tierarzt wurde entschieden, die Hunde vorerst
ins Tierheim Sill bei Bozen zu bringen und sie dort ordentlich zu versorgen.
Gemeinsam mit dem dortigen Personal holten die Polizisten die Welpen aus den
Kisten, während der Fahrer zuguckte. Sobald die fehlenden Papiere eintreffen,
werden die Hunde in Hamburg als Versuchstiere enden.
Wie eine spätere Untersuchung ergab, sind einige Tiere krank: Sie leiden an
Husten, starkem blutigen Durchfall und Geschwüren vom langen Sitzen. Heute wird
Gemeinderat Rudi Benedikter (Projekt Bozen) bei der Polizei die vorläufige
Beschlagnahme der Tiere beantragen. Die kranken Hunde sollten vorläufig im
Tierheim bleiben, schlägt Benedikter vor.
"Es gibt nichts, was wir tun können"
Lorenzi: Rechtlich ist Firma in Ordnung - Tierversuche sind ein langsames
Sterben
Bozen (uli) - Mehr als ein paar Tage Galgenfrist hat die Beschlagnahme durch
die Polizei den Beagle-Welpen nicht gebracht. "Die Firma ist rechtlich in
Ordnung", sagte Giovanni Lorenzi, Leiter des Tierheims in der Sill, gestern
enttäuscht. Die Tierschützer protestierten heftig, aber die Besitzer zeigen
keine Einsicht: Sie wollen die Tiere nicht abgeben.
351 Euro zahlt die Hamburger Firma für die Tiere. "Darunter ist nichts zu
machen. Aber vorerst lässt die Firma überhaupt nicht mit sich reden", sagt
Lorenzi. Zusammen mit den Tierschützern will er weiterkämpfen für das Leben der
kleinen "Snoopies".
Diese wuseln indes im Käfig in der Sill herum, balgen sich - sie ahnen nicht,
was ihnen vermutlich bevorsteht. Viele Südtiroler sind gestern ins Tierheim
gefahren und haben sich die Beagles angesehen, viele wollten ein Tier mit nach
Hause nehmen. "Aber so gerne wir sie ihnen geben würden: Das Gesetz ist auf der
Seite der Besitzer", so Lorenzi. "Sobald die Firma aus Reggio Emilia ein
geeignetes Fahrzeug schickt, müssen wir sie gehen lassen. Dann bleibt nur zu
hoffen, dass sie schmerzfrei sterben - einen anderen Weg aus den Labors gibt es
fast nur im Film", sagt Lorenzi. "Beagles sind klein und duldsam, daher eignen
sie sich besonders gut für Tierversuche. Über Jahre werden Medikamente und Gifte
an ihnen ausprobiert", sagt er. "Und Hunde sind Fleischfresser, für bestimmte
Versuche braucht es solche - etwa Plazenta und Hirnblutsystem sind dem der
Menschen sehr ähnlich".
Quelle:
Dolomiten-Online
| 31.05.02, 08:59 |
Traumhund Buddy wird obdachlos |
Traumhund wird obdachlos
Hallo Hundefreunde,
in Hagen will eine junge Frau ihren Staff, den sie von klein an hatte,
abgeben.
Grund:
der versoffene Vater zog in's Haus, traktiert sie und den Hund und hat das
Tier wohl auch schon misshandelt!
Zudem hat sie ein Baby bekommen und der Säufer meint, behaupten zu müssen,
der Hund würde das Kind angreifen.
Dabei ist dieser Staff ein mehr als nur liebes Tier.
Sieht aus wie mein Harley (dieses Foto zeigt Harley)
Er heisst Buddy, braungestrohmt, weisse Brust, ist gerade mal drei Jahre alt,
hat Wesenstest und alle Befreiungen!!!
Zudem ist er auch noch (oder schon) kastriert, also auch dafür keine Kosten
für einen neuen Besitzer, falls der ihn kastrieren lassen wollte.
Einen Chip hat er natürlich auch!
Vom Wesen her super lieb und verträgt sich mit allem, was kreucht und
fleucht.
Kinder - und menschenfreundlich ist er sowieso.
Ein Jammer, dass so ein Tier faktisch auf der Strasse sitzt.
Am liebsten würde ich ihn auch noch nehmen, doch bei 5 Hunden, die ich
schon habe, kämen dann alle noch mehr zu kurz. Bin eben leider noch nicht Mitglied der Rentner - Band...
In der Hoffnung, dass jemand eine Möglichkeit für Benny sieht...
viele Grüsse
Manfred Götze
| 30.05.02, 21:25 |
Weitere Informationen und ein Kommentar zur VG-Urteil Sachsen-Anhalt | Weiter Streit um die Kampfhunde
Verwaltungsgericht setzte Verordnung teilweise außer Kraft
ZERGnews berichtet <hier>
Magdeburg/MZ/hak. «Ab jetzt bin ich
kriminell und darf meinen Hund nur noch als verschnürtes Paket aus dem Haus
tragen.» Das schrieb Wolfgang Marchewka aus dem Kreis Wittenberg gestern in
einem Internet-Forum seinen Hunde-Freunden. Eine sarkastische Reaktion auf das
gestrige Inkrafttreten der Kampfhunde-Verordnung in Sachsen-Anhalt.
Zeitgleich erzielte der 53-jährige Halter einer American Staffordshire
Terrier-Hündin aber mit seiner Klage gegen die "Gefahrenabwehrverordnung
zum Schutz vor gefährlichen Hunden" einen Teilerfolg: Besitzer von den als
gefährlich eingestuften Hunderassen American Staffordshire Terrier, American
Pitbull Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier müssen ihre Tiere in
Sachsen-Anhalt bis zu einem endgültigen Gerichtsentscheid über die
Kampfhundeverordnung vorerst nicht per Mikrochip kennzeichnen und unfruchtbar
machen lassen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) setzte diesen Teil der
Verordnung jetzt außer Vollzug. Sonst würden Tatsachen geschaffen, die nur
"mit unverhältnismäßigem Aufwand oder gar nicht rückgängig gemacht
werden können". Der Rest der Verordnung bleibt aber vorerst in Kraft, denn
für die Richter überwiegt das Interesse der Allgemeinheit am Schutz vor gefährlichen
Hunden. Damit dürfen die genannten Rassen ab jetzt nicht mehr angeschafft,
gehandelt und gezüchtet werden. Betroffene Hunde, die bereits gehalten werden,
dürfen außerhalb der Wohnung nur noch an der Leine und mit Maulkorb geführt
werden.
"Damit hat das OVG die Verordnung im Wesentlichen bestätigt",
meint der Sprecher des Innenministeriums, Matthias Schuppe. Sie sei ein
"vernünftiger Kompromiss" zwischen verängstigter Öffentlichkeit und
protestierenden Hundehaltern. Die Festlegung von vier gefährlichen Rassen sei
einvernehmlich mit allen Ländern erfolgt.
Dagegen wehrt sich Wolfgang Marchewka mit seiner Normenkontrollklage. Seiner
Meinung nach sei die Rasse-Auswahl "willkürlich und kriminalisiert auch
anständige Hundehalter". Gefährlich könnten Hunde aller Rassen werden,
wenn sie von den Haltern nicht richtig erzogen würden. "Die
Kampfhundeverordnung gaukelt eine falsche Sicherheit vor", meint Marchewka.
Deshalb fordert er klare Regeln für Hundehalter bis hin zum Hunde-Führerschein
statt einem Verbot bestimmter Hunderassen.
Quelle: Mitteldeutsche
Zeitung
Erster Teil-Erfolg vor dem Oberverwaltungsgericht
Hundeverordnung: Bürger klagen gegen das Land
Die vom ehemaligen Innenminister Manfred Püchel (SPD) noch kurz vor den
Landtagswahlen drastisch verschärfte Landeshundeverordnung wird juristisch überprüft:
Beim Oberverwaltungsgericht in Magdeburg sind zwei Normenkontrollverfahren anhängig.
Der neue Innenminister wartet ab.
Wittenberg (red). In ihrer Klageschrift werfen die WOCHENSPIEGEL-Mitarbeiter
Ellen Rinke und Wolfgang Marchewka dem Land Sachsen-Anhalt vor, eine grob
rechtswidrige Hundeverordnung erlassen zu haben, die in mehreren Passagen gegen
Bundesrecht, gegen das Grundgesetz und auch gegen Europäisches Recht verstoße.
Zudem werde das angebliche Ziel der Politiker, die Bevölkerung vor gefährlichen
Hunden zu schützen, mit dieser "fachlich unhaltbaren Verordnung"
nicht erreicht, sondern sogar in das Gegenteil gekehrt: Einzelne Bestimmungen
seien geeignet, bisher stets friedliche Hunde aggressiv zu machen. Befürchtung
der Hundekenner: Wird diese Hundever- ordnung tatsächlich umgesetzt, gibt es künftig
eher mehr statt weniger Beißvorfälle.
So sehen es auch namhafte Experten, die sich seit Jahren intensiv mit dem Thema
"gefährliche Hunde" befassen und dabei auch die von blutrünstigen
Medien und populistischen Politikern gleichermaßen als "Kampfhunde"
diffamierten Rassen untersucht haben: Sowohl in Forschungen der Universität
Kiel als auch der Universität Wien ist übereinstimmend festgestellt worden,
dass es weder "Kampfhunde" noch "gefährliche Hunde" als
pauschale rassebedingte Eigenschaft gibt. Genau das aber unterstellt das Land
Sachsen-Anhalt: Ohne Einzelfallprüfung werden in der Landeshundeverordnung alle
Hunde der Rassen Pit Bull, American Staffordshire Terrier, Staffordshire
Bullterrier und Bullterrier als gefährlich bezeichnet und mit massiven
Sanktionen belegt, die mittelfristig zur Ausrottung dieser Hunde führen sollen.
"Die Auswahl dieser vier Rassen ist reine Willkür", stellen die Kläger
in ihrer Klageschrift fest und weisen darauf hin, dass die beklagte
Landesregierung keine Fakten vorlegen könne, die eine besondere Gefährlichkeit
dieser Rassen belege. Tatsächlich sei die Gefahr, durch Hundebisse ernsthaft
verletzt zu werden, für die Bürger so gering, dass die Landesregierung noch
nicht einmal eine Beiß-Statistik führe, obwohl auf kommunaler Ebene alle
Hundebisse gemeldet werden müssten.
Schlimmer noch: Mit dieser Hundeverordnung verhindere die Landesregierung sogar
eine Lösung des Problems - so die Kläger -, denn gefährliche Hunde kommen in
allen Rassen und Mischlingsformen vor, und zwar als Folge von Unwissenheit,
Fahrlässigkeit oder sogar absichtlichem Handeln der jeweiligen Halter. Gefährlichkeit
sei also keine Rasseeigenschaft, sondern stets ein individuelles, vom Halter des
Hundes abhängiges Problem. Fazit: Wer Bürger besser schützen will, muss im
konkreten Einzelfall gegen ungeeignete Hundehalter vorgehen und nicht pauschal
einige, zahlenmäßig gering vertretene und zudem noch überaus
menschenfreundliche Hunde als gefährlich diffamieren.
Auch für diese Aussagen nennen die Kläger gerichtsfeste Fakten: So ist auch
bei flächendeckenden Wesenstests in mehreren Bundesländern die Behauptung von
der "rassebedingten Gefährlichkeit" widerlegt worden, und selbst die
in den Innenministerien angesiedelten Diensthundeführer der Polizei stellen in
einer gemeinsamen Resolution übereinstimmend fest: "Es ist fachlich nicht
vertretbar, die Gefährlichkeit von Hunden mit ihrer Rassezugehörigkeit zu
verbinden. Die Gefährlichkeit von Hunden muss vielmehr individuell und
verhaltensorientiert definiert werden. Es gibt nachweislich keine gesteigert gefährlichen
Hunderassen, sondern unabhängig von Rassen gefährliche Hunde. Diese Aussage
ergibt sich sowohl aus allen fachpraktischen Erfahrungen und Kenntnissen,
alsauch aus bisherigen gezielten Überprüfungen bestimmter Rassen und allen
bekannten wissenschaftlichen Aussagen."
Auch diese Stellungnahme war der Landesregierung bekannt, als sie ihre nun als
rechtswidrig bezeichnete Hundeverordnung erließ. Da fragen sich die Kläger:
"Müssen sich solche Innenminister nicht den Vorwurf des vorsätzlichen
Rechtsbruchs gefallen lassen?" Als sehr bedauerlich und bedenklich zugleich
bezeichnen es die Kläger, dass der neue Innenminister Jeziosky (CDU) nicht die
Chance genutzt hat, die "unsinnige" Hundeverordnung zurückzuziehen:
"Statt fachgerechter Politik wird weiterhin nur mediengerechter Populismus
geboten." Inzwischen freuen sich die Kläger über einen ersten kleinen
Teilerfolg: Das Oberverwaltungsgericht hat per Beschluss den Paragraphen fünf
der Verordnung (Zwang zur Kastration) außer Vollzug gesetzt. Eine Verhandlung
über die gesamte Verordnung wird folgen.
Quelle: Wochenspiegel
Wittenberg
Ein Kommentar von Ellen Rinke und Wolfgang Marchewka
Warum wir klagen: Die Politik ist auf den Hund gekommen
Gelegentlich wird über uns geschmunzelt. Ein inzwischen abgewählter
Landtagsabgeordneter der SPD meinte mal, wir würden einen hundlichen Kampf
gegen Windmühlenflügel führen. Und ein Spättrinker der PDS äußerte, wir würden
es mit unserem Hobby Hund inzwischen etwas übertreiben. Mitnichten.
Natürlich geht es uns um unseren Hund und um die vielen anderen Hundebesitzer
im Lande, die mangels vergleichbarer Möglichkeiten schlechter dran sind als
wir. Aber es geht auch um mehr: Um die höchst bedenkliche Entwicklung nämlich,
dass Politik in Deutschland zunehmend nicht mehr in der Lage ist, bestehende
Probleme fachlich korrekt zu lösen. Selten ist diese gefährliche Tendenz so
deutlich geworden wie beim Reizthema "Kampf"hunde, denn auch hier
gaukelt die Politik der mehrheitlich unwissenden und vom verbalen Trommelfeuer
blutgeiler Medien verängstigten Bürgern eine Lösung vor, die es im wirklichen
Leben nicht gibt.
In Wirklichkeit sind von der neuen, sachfremden Hundeverordnung alle Bürgerinnen
und Bürger negativ betroffen - nicht nur die Halter der diskriminierten Rassen.
Denn: Alle Bürger haben ein Recht darauf, von Hunden nicht gebissen zu werden.
Dafür treten wir ein. Aber: Gefährliche Hunde kommen als Einzelfall in allen
Rassen gleichermaßen vor, und zwar meistens als Produkt einer falschen
Erziehung durch den jeweiligen Hundebesitzer.
Doch dazu schweigt die Hundeverordnung mit der Folge, dass der Problemkreis
"gefährlicher Hund" und seine Ursachen bisher noch nicht einmal
angetippt, geschweige denn gelöst worden ist. Einfacher ausgedrückt: Wird ein
Mensch durch einen Hundebiss schwer verletzt, so wird sich das verletztee Opfer
nicht darüber freuen, wenn es statt von einem "bösen" Pit Bull
lediglich von einem "guten" deutschen Schäferhund oder Rottweiler
schwer verletzt worden ist.
Doch mit diesem Problem beschäftigt sich die Hundeverordnung erst gar nicht:
Die Landesregierung verbietet vier willkürlich herausgesuchte und zudem noch
wenig vertretene ausländische (!) Hunderassen und tut so, als sei das Thema
damit erledigt. Ist es aber nicht. Denn: Das Problem ist nicht der Hund, sondern
der Mensch, der einen Hund gefährlich macht. Und solche Menschen kommen in
allen gesellschaftlichen Schichten vor: Es sind nicht nur die wenigen
kriminellen oder asozialen Hundehalter, sondern auch viele wohlmeinenden
Hundefreunde, die in ihrer Unwissenheit und Inkonsequenz ihren Hund gefährlich
werden lassen können. Doch auch dazu schweigt die Hundeverordnung. Vorbeugung?
Nein, danke.
Zu behaupten, ein "Kampf"-hund sei ein gefährlicher Hund ist
unsinnig. Aus Sicht der verhaltensforschenden Wissenschaft unsinnig, aus Sicht
der genetischen Forschung unsinnig, aus Sicht der Tierärzte unsinnig und auch
aus der Sicht der Diensthundeführer der deutschen Polizei unsinnig. Doch auf
solchen Unsinn beschränkt sich die Hundevordnung mit der Folge, dass einerseits
den diskriminierten, friedlichen Hunden ein artgerechtes Leben verwehrt wird -
wodurch auch freundliche Hunde gefährlich werden können - und andererseits das
tatsächlich vorhandene Problem überall weiter besteht.
Motto: Politik löst nicht das Problem, Politk beschließt nur eine neue
Verordnung. Politik ist im wahrsten Sinne des Wortes auf den Hund gekommen,
Politik missbraucht den Hund als "Prügelknaben" - als kleinsten
gemeinsamen Nenner in einer Gesellschaft voller ungelöster Probleme. Auch
deshalb bedarf die Frage, ob der Bürger mehr Angst vor einem Hund oder vor
populistischen Innenministern und zweitklassigen, unwissenden Abgeordneten haben
muss, der weiteren Diskussion. Auch deshalb klagen wir.
Quelle: Wochenspiegel
Wittenberg
| 28.05.02, 21:52 |
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