| Titel_kurz | Meldung | Datum ^ | Können Sie Ihr Hunde-Gesetz jetzt vergessen, Frau Höhn? |
Das sagt die Ministerin
Lesen Sie das Interview mit Bärbel Höhn
Was bedeutet das Urteil für NRW?
Verbraucherschutz-Ministerin Bärbel Höhn (Grüne):
„Es hat bei uns keine Auswirkungen. In Nordrhein-Westfalen gilt weiterhin
die Landeshundeverordnung – bis das Landeshundegesetz kommt. Nach allem, was
wir bisher wissen, hat das Urteil noch nicht einmal inhaltliche Konsequenzen für
uns.
Die Punkte, die kritisiert worden sind, gibt es bei uns nicht. Wir haben
nicht so scharfe Auflagen wie in Niedersachsen. Dort werden Hunde der Liste I
kastriert, auch wenn sie den Eignungstest bestehen. Das gibt es in NRW nicht.
Was halten Sie von dem Richterspruch?
Wir fühlen uns bestätigt. Das Gericht hat de facto Rasselisten
akzeptiert. Es sagt nur, wenn man so hohe Auflagen wie Tötungen macht, muss man
ein Gesetz machen und nicht eine Verordnung. Auch wird in dem Gerichtsspruch
deutlich gemacht, dass man nicht nur bei der Rasse ansetzen darf, sondern auch
beim Halter.
Wir haben in unserem Landeshundegesetz, das zurzeit beraten wird, hinzugefügt,
dass bei bestimmten Rassen, die gefährlich gemacht werden könnten, der
Hundehalter seine Zuverlässigkeit und seine Sachkunde nachweisen muss.
Kommt das Landeshundegesetz durch – es gibt Widerstand bei CDU und FDP?
Ja, ich denke schon. Weil wir eben nicht nur Rasselisten haben, sondern
auch Anforderungen an den Halter stellen.
Wäre eine bundeseinheitliche Regelung nicht sinnvoll?
Das ist auch unser Ansatz. Deshalb haben wir das Landeshundegesetz
eingereicht, um einen Beitrag zu einer möglichst bundeseinheitlichen Lösung zu
leisten. Wir haben beispielsweise die Rasseliste übernommen, auf die sich die
Innenminister auf Bundesebene geeinigt haben.
Quelle: Express

Können Sie Ihr Hunde-Gesetz jetzt vergessen, Frau Höhn?
Was das Berliner Urteil für NRW bedeutet
Von ANNE-KATTRIN PALMER
Düsseldorf – Rasselisten, Leinen- und Maulkorbzwang für Kampfhunde – in
Niedersachsen gab es dafür jetzt einen Korb von höchstrichterlicher Stelle!
Das Bundesverwaltungsgericht erklärte die Landeshundeverordnung für null
und nichtig. Die Regierung in Hannover sei nicht befugt, so die Richter, ohne
gesetzliche Regelung bestimmte Hunderassen wegen der Gefahr für die Bevölkerung
zu verbieten. Sprich: Rasselisten darf es nicht geben.
Nach dem Urteil, das von Tierschutzverbänden begrüßt wird, stehen nun alle
Landeshundeverordnungen auf dem Prüfstand. Sie waren damals, als im Juni 2000
der kleine Volkan in Hamburg totgebissen wurde, als scharfe Sofort-Maßnahmen
eingeleitet worden.
Niedersachsen und Schleswig-Holstein kündigten bereits gesetzliche Maßnahmen
vorerst im Alleingang an. Die Bundes-Grünen forderten ein einheitliches
Muster-Gesetz der Innenministerkonferenz für die Länder. Und auch in NRW –
dort soll nach der Sommerpause ein Landeshundegesetz verabschiedet werden –
gibt es neue Diskussionen. Hier gehöre, so die NRW-FDP, die
Landeshundeverordnung jetzt auch in den „Papierkorb“, so der
Vize-Fraktionschef Stefan Grüll. Rasselisten dürften „keine Zukunft mehr
haben“.
Quelle: Express
| 04.07.02, 23:01 |
FDP Pressemitteilung - KOPP: Rasselisten – tierischer Irrtum | FDP Pressemitteilung vom 04.07.2002
KOPP: Rasselisten – tierischer Irrtum
BERLIN. Zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur niedersächsischen
Kampfhundeverordnung erklärt die verbrau-cherpolitische Sprecherin der
FDP-Bundestagsfraktion, Gudrun KOPP:
Die FDP begrüßt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Berlin zur
Kampfhundeverordnung. Damit hat das Gericht dem überfälligen Durchbruch der
Vernunft gegenüber politischem Populis-mus zu einem ersten Etappensieg
verholfen.
Von Beginn an hat die FDP die Überzeugung vertreten, dass die Gefährlichkeit von
Hunden nicht nach der Rassezugehörigkeit zu bestimmen ist. Rasselisten sind
deshalb als untauglich und überflüssig abzuschaffen.
In diesem Sinne wird die FDP im Falle eines Wahlsiegs das Bundesgesetz zur
Bekämpfung gefährlicher Hunde korrigieren. Individualprüfungen von Hunden und
vor allem ihren Haltern sind die wirksamste Gefahrenabwehr.
Bettina Lauer Telefon (0 30) 2 27-5 57 36
pressestelle@fdp-bundestag.de
Quelle:
FDP
| 04.07.02, 14:38 |
Pressestimmen - Bundesgericht stoppt Kampfhundeverordnung |
Bundesgericht stoppt Kampfhundeverordnung
Richter verlangen gesetzliche Grundlage
BERLIN, 3. Juli. Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) hat am Mittwoch die
niedersächsische Kampfhundeverordnung für nichtig erklärt. Der Verdacht,
bestimmte Rassen seien gefährlicher als andere, rechtfertige die Verordnung in
der bestehenden Form nicht. Die Länder dürften nur durch ein Gesetz, nicht durch
eine einfache Verordnung in die Freiheiten der Halter eingreifen. Ein solches
Gesetz gebe es in Niedersachsen bislang aber nicht, entschieden die Richter.
Vor zwei Jahren hatten nach mehreren Attacken von Kampfhunden auf Menschen
alle Bundesländer in Eile Verordnungen zum Schutz vor gefährlichen Hunden
erlassen, die der niedersächsischen ähneln, auch Berlin. "Wir müssen nun prüfen,
was das für die Hauptstadt bedeutet und gegebenenfalls tätig werden", hat die
Berliner Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner bereits am Mittwoch
angekündigt.
Hundehalter und der Tierschutzverein Hannover hatten dagegen geklagt, dass es
in der niedersächsischen Verordnung für bestimmte Hunderassen Haltungs-, Zucht-
und Vermehrungsverbote sowie Maulkorb- und Leinenzwang gibt. In der Kategorie
eins sind Bullterrier, American Staffordshire Terrier und Pitbulls als
"besonders gefährliche Hunde" erfasst. Zur Kategorie zwei gehören unter anderem
Dobermänner und Rottweiler.
Verschiedene Gutachten
Als gefährlich eingestufte Hunde müssen an Wesenstests teilnehmen. Die Halter
müssen nachweisen, dass sie geeignet sind, einen Hund zu besitzen. Die Kläger
wandten sich in der Verhandlung speziell gegen die Rassekataloge. Im Mai 2001
hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg den Klägern Recht gegeben und
die Kampfhundeverordnung Niedersachsens teilweise außer Kraft gesetzt. Die
OVG-Richter erklärten damals, die Hunde dürften gehalten und gezüchtet werden,
wenn die Ungefährlichkeit des einzelnen Hundes nachgewiesen werde.
Gegen das Urteil legte die Landesregierung Niedersachsen Revision ein. Der
Vorsitzende Richter des 6. Senats des BVG, Franz Bardenhewer, machte in der
Verhandlung am Mittwoch deutlich, dass es über die generelle Gefährlichkeit
bestimmter Hunderassen keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse gebe.
Beißattacken hätten mehrere Gründe. Neben der genetischen Veranlagung komme die
Erziehung und Haltung sowie die konkrete Situation, in der der Vorfall
stattfindet, als Ursache infrage.
Die Klagevertreter des Landes Niedersachsen und die Anwälte der Tierhalter
zitierten denn auch verschiedene Gutachten, die eine genetisch bedingte
Aggressivität bestimmter Rassen belegen oder widerlegen sollten. Bardenhewer kam
zu dem Schluss, "dass man auf ungesicherter Erkenntnisgrundlage operiere" und
man sich fragen müsse, ob sich Niedersachsen mit der Verordnung "nicht
übernommen habe". Er gab zu bedenken, ob man bei einer Einstufung der Hunde nach
Gefährlichkeit nicht besser auf äußere Merkmale wie Größe und Gewicht
zurückgreifen solle.
Die Vertreter der am Prozess beteiligten Hundebesitzer kritisierten zudem,
dass verbreitete Rassen wie der Deutsche Schäferhund (der die Beißstatistiken
anführt), Boxer und Dogge in der Rasseliste nicht auftauchten, Rottweiler und
Dobermänner aber sehr wohl. Dies sei eine nicht zu rechtfertigende
Ungleichbehandlung. "Hier wird gegen eine Minderheit vorgegangen, weil sie
leichter zu kontrollieren ist, um die aufgebrachte Mehrheit zu beruhigen",
argumentierte Anwalt Tünnesen-Harms. Er vertritt zwei Diensthundeführer der
Polizei, die Rottweiler bei Objektbewachungen und der Rauschgiftbekämpfung
einsetzen. (mit dpa)
Quelle:
Berlin Online
Kampfhunde müssen nicht mehr zurückbleiben
Die Berliner und Brandenburger Verkehrsunternehmen heben das Beförderungsverbot
für Pitbulls und elf andere Rassen auf
Peter Neumann
Pitbulls, Bullterrier und andere als gefährlich eingestufte Hunde dürfen bald
wieder in Bussen und Bahnen mitfahren. "Das Kampfhunde-Verbot wird zum 1. August
aufgehoben", sagte Ingrid Kudirka, Sprecherin des Verkehrsverbunds
Berlin-Brandenburg (VBB), am Mittwoch der "Berliner Zeitung". Dies hatten die
Verkehrsunternehmen im Verbund beschlossen. Allerdings müssen alle Hunde, die
nicht in einer Box oder in einer Tasche mitgenommen werden, angeleint sein und
einen Maulkorb tragen.
Die Deutsche Bahn (DB), der auch die S-Bahn Berlin und der Regionalverkehr in
dieser Region gehören, befördert bereits seit dem 16. Juni wieder Kampfhunde.
Die Entscheidung, welches Tier mitfahren darf und welches nicht, war vielen
Zugbegleitern schwer gefallen - zumal die Bundesländer Kampfhunde
unterschiedlich definieren. Es sei "höchste Zeit", dass auch das
Beförderungsverbot für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zurückgenommen wird,
sagte Andreas Lehmann vom "Berliner Hundeparlament".
Lehmann, der selbst drei Hunde besitzt, hatte mit anderen Tierhaltern
mehrmals gegen die Regelung demonstriert - unter anderem mit Protestfahrten in
der S-Bahn. Das Verbot sei eine "Diskriminierung". "Fast alle so genannten
Kampfhunde haben einen Wesenstest absolviert. Ihre Halter mussten eine
Sachkundeprüfung bestehen. Wir würden uns wünschen, dass diese Regelungen
künftig auch für andere Rassen gelten" - zum Beispiel für Schäferhunde und
Rottweiler.
Sicherheitskräfte hätten das Verbot oft rigide durchgesetzt. "Hundehalter
wurden wegen Hausfriedensbruchs angezeigt, wenn sie mit ihren Tieren nicht
aussteigen wollten", berichtete Lehmann. Einige Strafanzeigen wurden
Veterinärämtern zur Kenntnis gegeben - die dann mit der Einziehung der Hunde
drohten. "Wegen der Anzeigen galten die Besitzer plötzlich als unzuverlässig. In
vielen Fällen mussten Anwälte eingeschaltet werden", sagte er. Doch seit
ungefähr einem halben Jahr verhalte sich das Personal "kulant". "In jüngster
Zeit wurde das Verbot kaum durchgesetzt", bestätigte Ingrid Kudirka.
Die Bahn hatte vor mehr als zwei Jahren beschlossen, Kampfhunde vom 1.
September 2000 an aus ihren Zügen zu verbannen. Nachdem zwei dieser Tiere Ende
Juni 2000 in Hamburg einen sechsjährigen Jungen totgebissen hatten, setzten auch
die BVG und der Verbund ein Verbot für "Hunde mit gesteigerter Aggressivität und
Gefährlichkeit" durch. Die neue Regelung, die am 15. Februar 2001 bekannt
gegeben wurde, schloss zwölf Rassen aus.
"Auch ein Kampfhundehalter muss mit seinem Tier den Nahverkehr nutzen
dürfen", entgegnete Petra Reetz, Sprecherin von Verkehrssenator Peter Strieder
(SPD). Außerdem habe es in Berlin keine Zwischenfälle gegeben, bei denen
Fahrgäste gebissen wurden. Inzwischen schlossen sich die BVG und der Verbund
diesen Argumenten an.
"Wir haben nichts gegen die Aufhebung des Verbots - sofern der Leinen- und
Maulkorbzwang durchgesetzt wird", sagte Christfried Tschepe vom Fahrgastverband
IGEB. Der Verbund erwartet dagegen Proteste von Fahrgästen, die sich bedroht
fühlen. Kudirka: "Aber wir können es nicht allen recht machen."
Quelle:
Berlin Online
Richter stoppten Kampfhunde-Verordnung
Landesregierung darf bestimmte Rassen nicht verbieten
Berlin/Hannover/dpa. Das Bundesverwaltungsgericht hat am Mittwoch die
niedersächsische Kampfhundeverordnung für nichtig erklärt. Die Gefährlichkeit
von Hunden könne in einer Verordnung nicht nur nach Rassegesichtspunkten
festgestellt werden, erklärten die Richter. Für bestimmte Rassen bestehe derzeit
zwar der Verdacht, dass von ihnen erhöhte Gefahren ausgehen. Es sei jedoch
umstritten, welche Bedeutung diesem Faktor neben zahlreichen anderen Ursachen
wie Erziehung und Ausbildung des Hundes zukomme.
Niedersachsens Landwirtschaftsminister Uwe Bartels (SPD) kündigte ein
Landesgesetz an, um die Bürger vor Kampfhunden zu schützen. Die Inhalte der
bisherigen Verordnung seien vom Gericht nicht beanstandet worden. Als Kläger
begrüßte der Tierschutzverein Hannover das Urteil, erwartet nun aber, dass ein
Gesetz verabschiedet wird, das eine strengere Überprüfung der Halter von
Kampfhunden vorschreibt.
Der Gefahrenverdacht allein rechtfertige die Verordnung in der bestehenden
Form nicht, urteilte das Bundesverwaltungsgericht. Es sei Sache des
Landesparlaments, die Einführung von Rasselisten im Zweifelsfall selbst zu
verantworten. Ein derartiges Gesetz liege in Niedersachsen aber nicht vor.
Hundehalter und der Tierschutzverein Hannover hatten in Berlin dagegen
geklagt, dass es in der Verordnung für bestimmte Hunderassen Haltungs-, Zucht-
und Vermehrungsverbote sowie Maulkorb- und Leinenzwang gibt. In der Kategorie
eins sind Bullterrier, American Staffordshire Terrier und Pitbulls als
«besonders gefährliche Hunde» erfasst. Zur Kategorie zwei gehören unter anderem
Dobermänner und Rottweiler.
Als gefährlich eingestufte Hunde mussten an Wesenstests teilnehmen. Die
Halter mussten nachweisen, dass sie geeignet sind, einen Hund zu besitzen. Die
Kläger wandten sich in der Verhandlung speziell gegen die Rassekataloge. Das
Oberverwaltungsgericht in Lüneburg (OVG) war ihren Argumenten vor rund einem
Jahr zum Teil gefolgt. Das Land Niedersachsen war dagegen in Revision beim
Bundesverwaltungsgericht gegangen und unterlag jetzt.
Landwirtschaftsminister Bartels kündigte an, einen Gesetzesentwurf in den
Landtag einzubringen. «Das Gericht scheint die Inhalte der Verordnung nicht zu
kritisieren, auch nicht die Rasselisten», sagte Bartels der dpa. Es habe nur
entschieden, dass eine Verordnung für ein derartiges Vorgehen nicht ausreiche.
«Wir erwarten eine neue gesetzliche Regelung, die nicht die Tiere bestraft,
sondern eine gründlichere Überprüfung der Hundehalter in den Mittelpunkt
stellt», sagte Geschäftsführer Heiko Schwarzfeld am Mittwoch. Die Tötung eines
Tieres sei für das Land bisher der billigste Ausweg gewesen. Eine wünschenswerte
Neuregelung mit verschärften Halterüberprüfungen sei wesentlich teurer. «Dass
die Verordnung ganz gekippt wird, damit hätten wir überhaupt nicht gerechnet»,
sagte Schwarzfeld.
Nach mehr als tausend Wesenstests kritisierten auch Experten der
Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo) die Kampfhundeverordnung. «Nur fünf
von ihnen haben den Wesenstest nicht bestanden», sagte Tiermediziner Hansjoachim
Hackbarth. Der Wesenstest für alle Hunde einer Rasse sei nicht der richtige Weg.
«Viel sinnvoller wäre es, nur die Hunde zu testen, die zur Zucht zugelassen
werden sollen», sagte Hackbarth. Mit dieser «genetischen Selektion» würden dann
Hunde mit einem hohen Aggressionspotenzial aussortiert.
Die Bundesrichter wiesen darauf hin, dass bisher wissenschaftlich nicht
ausreichend geklärt sei, welche Bedeutung der genetischen Veranlagung eines
Hundes als Ursache für Beiß-Attacken zukomme. Die ebenfalls in der Verhandlung
aufgeworfene Frage, warum nicht auch der deutsche Schäferhund in die Kategorie
zwei der Verordnung aufgenommen worden sei, spiele angesichts der
Nichtigerklärung keine Rolle mehr, sagten die Richter.
Quelle:
MZ-Web
Berlin bleibt hart: Pitbulls behalten den Maulkorb auf
Musterprozess vor Bundesgericht ohne Auswirkungen auf Hunde-Verordnung
Von Hendrik Werner
Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin hat gestern Abend die niedersächsische
Kampfhundeverordnung für nichtig erklärt - und damit ein Grundsatzurteil
gesprochen. Die Gefährlichkeit von Hunden könne nicht nur nach
Rassegesichtspunkten festgestellt werden, urteilten die Richter.
In dem Musterprozess über die Hunde-Verordnungen der Bundesländer, den
niedersächsische Kampfhundehalter und Tierschutzvereine angestrengt hatten,
erklärten die Richter die Verordnung für nichtig. Die Kläger hatten sich auf
jüngere Resultate der so genannten Wesenstests berufen, die für einige Rassen
amtlich vorgeschrieben sind. Untersuchungen einer Verhaltensforscherin sollen
der Kampfhund-Lobby zufolge ergeben haben, dass unter 219 als gefährlich
eingestuften Hunden (u. a. Bullterrier und American Staffordshire) nur ein
einziger verhaltensauffällig gewesen sei, während der Charakter aller anderen
Tiere mit «exzellent» bis «gut» zu bestimmen sei. Nach Auffassung der Kläger
verstoßen die für bestimmte Rassen geltenden Haltungs-, Zucht- und
Vermehrungsverbote sowie der Maulkorb- und Leinenzwang, den die
Gefahrtierverordnung gleichfalls vorsieht, gegen Gleichheits- und
Verhältnismäßigkeitsgebot.
In Berlin ist die restriktive Hundeverordnung auf den Tag genau morgen vor
zwei Jahren in Kraft getreten. Danach dürfen Pitbull, Bullterrier, Staffordshire
Bullterrier, American Staffordshire Terrier, Tosa Inu sowie deren Kreuzungen
nicht mehr gezüchtet werden. Für ihre Haltung ist eine Genehmigung des
Veterinäramtes vorgeschrieben. Die Umsetzung der von der Senatsverwaltung
erlassenen Richtlinien durch die Bezirksämter wird dem Vernehmen nach rigoros
befolgt. «Derzeit laufen zwei Strafverfahren gegen Hundehalter, die gegen den
Maulkorbzwang verstoßen haben», sagte der zuständige Stadtrat von
Charlottenburg-Wilmersdorf, Bernhard Skrodzki. In seinem Bezirk seien 450
Unbedenklichkeitsplaketten ausgegeben worden.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat nach Auffassung der Sprecherin
der Gesundheitsverwaltung, Roswitha Steinbrenner, «in keinem Fall zwingende
Signalwirkung» für Berlin: «Jedes Land hat bei Zucht- und Haltungsvorschriften
für Kampfhunde eigene Zuständigkeit. Zudem gibt es nur geringe Schnittmengen der
hiesigen und der niedersächsischen Hundeverordnung, die auf dem Prüfstand
steht.» Dabei handelt es sich vor allem um den strittigen Punkt, ob Kampfhunde
vom Maulkorberlass auszunehmen sind, wenn ein Wesenstest ihnen Unbedenklichkeit
zubillige. «Selbst in dieser Frage sind wir nicht an das Urteil gebunden»,
betonte Frau Steinbrenner.
Nach Angaben von Sprecherin Carola Ruff sind allein im Tierheim Falkenberg
zurzeit 164 Kampfhunde untergebracht. «Etwa 80 haben wir auf Tierpensionen
verteilt.»
Quelle:
Morgenpost
Nur wenige Hunde auffällig
Verhaltensforscherin zu Wesenstests
Die bisherige Praxis von Wesenstests für Hunde bestimmter Rassen führt zu
Stigmatisierungen. Das meint die Kieler Tierärztin und Verhaltensforscherin
Dorit Feddersen-Petersen.
Von Olaf Reichert
Frage: Seit fast zwei Jahren gibt es Wesenstests für so genannte Kampfhunde.
Welche Erkenntnisse haben Sie?
Feddersen: Eine wissenschaftliche Auswertung der bislang abgeschlossenen
Tests ist nach meiner Kenntnis noch nirgendwo erfolgt. Aber überall bietet sich
eine ähnliche Tendenz: Von den bislang getesteten Hunden der Kategorie 1 ist nur
ein geringer Prozentsatz auffällig geworden. Eigene Erfahrungen unterstreichen,
dass sich die Aggressivität von Hunden nicht an der Rasse festmachen lässt. Auch
wenn argumentiert wird, dass die Besitzer der gut lenkbaren Hunde
verantwortungsbewusst sind, was übrigens stimmt, so belegt dieses auch, dass es
keine rassebedingte erhöhte Gefährlichkeit gibt.
Frage: Wenn Aggressivität nicht mit der Rasse zusammenhängt, was bedeutet das
für die Zukunft der Tests?
Feddersen: Die derzeitige Praxis des Wesenstests führt zu Stigmatisierungen
von Hunden bestimmter Rassen und ihrer Halter. Ich würde es begrüßen, wenn das
Verhalten eines jeden Hundes wichtiges Kriterium der Zuchtauswahl werden würde.
Parallel dazu sollte die Sachkunde des Züchters getestet werden.
Frage: Wie sollte man mit Hunden umgehen, die Auffälligkeiten zeigen?
Feddersen: Hier ist ein Wesenstest sinnvoll. Genauso wichtig wäre es, den
Halter in die Pflicht zu nehmen. In Extremfällen sollte ein generelles
Tierhaltungsverbot ausgesprochen werden. Bestehende Gesetze ermöglichen das. Die
Behörden sind hier gefordert.
Quelle:
NWZ-Online
dpa-Umfrage: Bundesländer sehen unterschiedliche Auswirkungen

Hamburg (dpa) - Die Attacken bissiger Hunde haben in den vergangenen Jahren
kontroverse und aufgeladene Diskussionen in Deutschland ausgelöst. Nach dem Tod
des kleinen Volkan im Juni 2000 in Hamburg verschärften die Bundesländer rasch
ihre rechtlichen Instrumentarien gegen die gefährlichen Hunde und ihre Halter.
Nach dem jüngsten Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes gegen die
Kampfhundverordnung in Niedersachsen wollen einige Länder nun ihre rechtlichen
Handhaben in eine Gesetzesform gießen. Die Maßnahmenkataloge der Länder sind
sehr unterschiedlich. Wie eine dpa- Umfrage ergab, sehen einige Länder durch das
Urteil zunächst keine Auswirkung auf ihre Regelungen. Dagegen hat zum Beispiel
Bremen bereits mit einem Gesetz den Schutz vor gefährlichen Hunden geregelt.
Die Bundesrichter hatten am Mittwoch die niedersächsische
Kampfhundeverordnung für nichtig erklärt. Die Gefährlichkeit von Hunden könne in
einer Verordnung nicht nur nach Rassegesichtspunkten festgestellt werden,
erklärten die Richter. Dem Land wurde aber freigestellt, dieses künftig per
Gesetz zu regeln.
Bremen nimmt nach Ansicht von Innensenator Kuno Böse (CDU) mit seinem Gesetz
zum Schutz vor Kampfhunden bundesweit eine Vorreiterrolle ein. Im Bremer
Kampfhundegesetz seien eine Aufzählung der gefährlichen Hunderassen und ein
Leinen- und Maulkorbzwang für diese Rassen festgelegt, sagte Böse am Donnerstag.
Auch in Nordrhein- Westfalen soll noch in diesem Jahr ein Landeshunde-Gesetz die
bisherige Verordnung ablösen, in der Rasse-Listen, Leinen- und Maulkorbzwang und
Kauf und Zucht-Verbote festgehalten sind. Anders als in anderen Ländern können
Hundehalter ihr Tier hier durch einen Verhaltenstest von den Auflagen befreien.
Das vom Urteil betroffene Niedersachsen aber auch Schleswig- Holstein
kündigten an, den Umgang mit Kampfhunden gesetzlich regeln zu wollen. Während
Kiel zunächst die bestehende Verordnung bestehen lassen will, sehen die
Verantwortlichen in Niedersachsen Einschränkungen bei der Sicherheit. »Es ist
eine unbefriedigende Regelung, weil der von mir gewollte hohe Schutz der
Bevölkerung vor den gefährlichen Hunden nicht mehr in dem Maße gewährleistet
werden kann, wie ich es für erforderlich halte«, sagte Niedersachsens
Landwirtschaftsminister Uwe Bartels (SPD).
Während Rheinland-Pfalz nach dem Kippen der niedersächsischen
Kampfhundeverordnung die eigene Regelung überprüfen will, wollen andere
Bundesländer wie Hessen, Baden-Württemberg oder Bayern zunächst einmal die
schriftliche Begründung der Berliner Bundesrichter abwarten. »Wir brauchen jetzt
eine höchstrichterliche Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht«, sagte
der Hauptgeschäftsführer des Verbandes für das Deutsche Hundewesen, Bernhard
Meyer in Dortmund. »Nach den unterschiedlichen Urteilen in Deutschland sprechen
alle Anzeichen dafür, dass das Bundesverfassungsgericht die Klage noch in diesem
Jahr annimmt.«
In den unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen der Länder sind in
verschiedenen Nuancierungen zum Beispiel bestimmte Hundearten wie Bullterrier,
American Staffordshire Terrier und Pitbulls als gefährlich eingestuft. In
Sachsen-Anhalt müssen die betroffenen Hunde einen Chip unter die Haut gepflanzt
bekommen, mit dem sie eindeutig zu identifizieren seien. Allerdings ist dieser
Teil der Verordnung derzeit durch das Oberverwaltungsgericht außer Kraft
gesetzt.
Quelle:
IKZ
Tierschützer halten Berliner Urteil für problematisch
Hannover, 4.7.02
Nach dem Kippen der niedersächsischen Kampfhundeverordnung befürchten
Tierschützer einen Ansturm auf die Tierheime. »Ich rechne in den nächsten Tagen
mit vielen Leuten, die ihre Hunde wiederhaben wollen«, sagte der Geschäftsführer
des Tierschutzvereins Hannover, Heiko Schwarzfeld, in einem Gespräch mit der
Deutschen Presse-Agentur (dpa). Schließlich hätten viele Kampfhundebesitzer ihre
Tiere ausgesetzt. »Deshalb halte ich das Urteil auch für problematisch«, sagte
Schwarzfeld.
»Es werden viele Leute kommen, die ihre Tier wiederhaben wollen, weil sie mit
keinen besonderen Auflagen mehr belegt sind«, meinte der Tierschützer, dessen
Verein zusammen mit Hundehaltern vor dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin
gegen die Verordnung geklagt hatte. Der Tierschutzverein kündigte an, für die
Pflege eines ausgesetzten Hundes eine hohe Rechnung auszustellen, wenn sich der
ehemalige Halter tatsächlich melden sollte. »Die haben sich ihres Tieres billig
entledigt, und wenn die Luft rein ist, kommen sie wieder und wollen den Hund
zurück haben. So geht``s ja nun nicht«, sagte Schwarzfeld.
Andere Interessenten für diese Hunde in Tierheimen würden vom Verein überprüft.
»Wir sehen uns das Wohnumfeld und das soziale Umfeld genau an und prüfen, ob es
uns geeignet erscheint«, sagte der Geschäftsführer. »Erst danach entscheiden
wir, ob jemand einen Hund bekommt.« Mieter müssten zudem eine schriftliche
Einverständniserklärung des Vermieters vorlegen.
Quelle:
IKZ
Chronologie: Urteile seit dem tragischen Fall Volkan
Hamburg (dpa) - Der Tod des im Juni 2000 von Kampfhunden totgebissenen sechs
Jahre alten Volkan in Hamburg hat eine breite Debatte über die Gefahren durch
Kampfhunde ausgelöst. Gegen viele der seither erlassenen neuen Bestimmungen
zogen Hundehalter und Tierschützer vor die Gerichte, die sehr unterschiedlich
urteilten:
26. Juni 2000: Der sechs Jahre alte Volkan wird auf einem Schulhof in
Hamburg-Wilhelmsburg von zwei frei laufenden Kampfhunden getötet. In aller Eile
werden in den folgenden Monaten in Bund und Ländern neue Regelungen beschlossen,
die von Zucht- und Importverbot für bestimmte Hunderassen bis zu Eignungstests
für Hundehalter, Maulkorb- und Leinenzwang reichen.
7. Februar 2001: Das Oberverwaltungsgericht Hamburg erklärt die neue Hamburger
Kampfhundeverordnung als grundgesetz-konform. Die Verknüpfung der Hunderasse bei
der Einstufung der Gefährlichkeit (»Rasse-Liste«) sei zulässig.
9. Februar 2001: Der Bundestag billigt eine härtere Regelung für die Haltung von
Kampfhunden, nach der auch private Halter ihre Sachkenntnisse zur Haltung
gefährlicher Tiere nachweisen müssen. Die Einfuhr von Kampfhunden wird unter
Strafe gestellt.
29. Mai 2002: Das Oberverwaltungsgericht Schleswig erklärt Teile der
Kampfhundeverordnung von Schleswig-Holstein für nichtig. Das Kriterium der
Rassezugehörigkeit sei für die Einstufung der Gefährlichkeit eines Hundes
ungeeignet.
30. Mai 2001: Teile der Gefahrtierverordnung des Landes Niedersachsen werden vom
Oberverwaltungsgericht Lüneburg für nichtig erklärt. Sie widersprächen den
Grundsätzen der Gleichheit. Bemängelt wird vor allem die pauschale Behandlung
von Hunderassen statt einzelner aggressiver Tiere.
11. Juni 2001: Nach einem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in
Kassel dürfen Gemeinden für Kampfhunde eine stark erhöhte Hundesteuer verlangen.
12. Juli 2001: Die zwölf Hundearten ausweisende Rasse-Liste der Berliner
Kampfhunde-Verordnung wird vom Berliner Verfassungsgerichtshof als
verfassungsgemäß bezeichnet. Maulkorb- und Leinenzwang werden nicht beanstandet.
7. August 2001: Ein elf Jahre altes Mädchen wird in Lutzhorn
(Schleswig-Holstein) vom Schäferhund seines Vaters totgebissen.
29. August 2001: Der Verwaltungsgerichtshof Kassel erklärt Teile der
Kampfhunde-Verordnung des Landes Hessen für nichtig und hebt den Maulkorb- und
Sterilisierungszwang sowie das Handelsverbot für drei als besonders gefährlich
eingestufte Rassen auf.
30. August 2001: Der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof billigt - wie
zuvor die Verfassungsgerichte von Bayern und Berlin - die Einstufung
gefährlicher Hunderassen.
16. Oktober 2001: Zahlreiche Klagen von Kampfhundbesitzern gegen die
Hundeverordnung von Baden-Württemberg mit ihren strengen Reglementierungen
werden vom Verwaltungsgerichtshof des Landes abgewiesen.
28. März 2002: Zwei Rottweiler töten in Hornbach (Rheinland-Pfalz) einen sechs
Jahren alten Jungen mit Bissen in den Kopf.
3. Juli 2002: Das Bundesverwaltungsgericht erklärt die niedersächsische
Kampfhundeverordnung für nichtig.
04.07.2002 dpa Quelle:
IKZ
»Leinen los!« bei Kampfhundebesitzern
Hannover (dpa) - 8.00 Uhr morgens auf einer Hundewiese in der Nähe des
Kinderkrankenhauses Auf der Bult in Hannover. Die niedersächsische
Kampfhundeverordnung, die bisher Maulkorb und Leinenzwang für gefährliche Hunde
vorsieht, wurde wenige Stunden zuvor von Bundesrichtern gekippt. Sichtlich
erleichtert blickt Sotirius Iliaskos auf seinen Hund Spike. »Dann muss er nun
wohl keinen Maulkorb mehr tragen«, meint er und streichelt den weißen Pitbull.
Eigentlich habe er mit seinem Vierbeiner demnächst zum Wesenstest gehen
wollen, doch das wolle er sich jetzt noch einmal überlegen. »Es ist ohnehin
Unsinn, bestimmte Rassen als Kampfhunde zu bezeichnen. Wenn ein Tier aggressiv
ist, liegt es meistens am Halter«, meint der 23-Jährige.
»Jedes Tier kann aggressiv werden, wenn es dazu gemacht oder gezüchtet wird«,
sagt Hundebesitzerin Brigitta Fischer. »Viel wichtiger ist es doch, durch
schärfere Kontrollen und beispielsweise einen Führerschein für Hundebesitzer
dafür zu sorgen, dass der Mensch auch in der Lage ist, ein Tier zu halten, und
es nicht als Waffe missbraucht«, betont die 58-Jährige.
Beim Deutschen Kinderschutzbund und besorgten Eltern herrscht dagegen blankes
Entsetzen. »Dass Kampfhunde jetzt wieder ohne Maulkorb herumlaufen können, finde
ich unverantwortlich. Ich habe schließlich eine Tochter«, sagt Britta Vargas aus
Hannover. Hartmut Macke hält eine Lösung in Richtung Hundeführerschein für
besser als ein generelles Verbot von Kampfhunden. »Nicht die Hunde sind
gefährlich, sondern ihre Besitzer«, meint der Vater von drei Kindern. Die
Verordnung sei inhaltlich richtig gewesen, meint Oleg Hammling vom
Kinderschutzbund. »Zahlreiche Zwischenfälle mit Kampfhunden haben bewiesen, dass
diese Hunderassen besonders gefährlich sind.« Jetzt werde die Gefahr für Kinder
durch Hunde wieder steigen.
Beim Veterinäramt, das die Kampfhundeverordnung bisher überprüfen musste,
herrscht zunächst Ratlosigkeit. Jetzt könne man nur noch nach dem
Gefahrenabwehrgesetz vorgehen - wenn der Kampfhund jemanden beißt oder einen
anderen Hund anspringt. Heiko Schwarzfeld vom Tierschutzverein Hannover
befürchtet einen Ansturm auf die Tierheime durch Leute, die ihre Hunde
wiederhaben wollen. »Die haben sich ihres Tieres billig entledigt; wenn die Luft
rein ist, kommen sie wieder und wollen den Hund zurück haben.«
Quelle:
IKZ
Kampfhunde dürfen im Land wieder frei laufen
Kampfhunde dürfen in Niedersachsen wieder grundsätzlich frei laufen. Nachdem
das Bundesverwaltungsgericht in Berlin die niedersächsische
Gefahrtier-Verordnung in großen Teilen gekippt hat, fällt der Leinen- und
Maultierzwang für gefährliche Rassen weg.
Der Leinen- und Maulkorbzwang für gefährliche Rassen fällt weg, nachdem das
Bundesverwaltungsgericht in Berlin die niedersächsische Gefahrtier-Verordnung
in großen Teilen gekippt und eine gesetzliche Regelung angemahnt hat. Während
Tierschützer das Urteil begrüßten, zeigten sich Eltern und der
Kinderschutzbund besorgt.
Landwirtschaftsminister Uwe Bartels (SPD) sieht die Gefahr von Beiß-Attacken
wieder wachsen, bis ein Gesetz verabschiedet werden kann: „Es ist eine
unbefriedigende Regelung, weil der von mir gewollte hohe Schutz der
Bevölkerung vor den gefährlichen Hunden nicht mehr in dem Maße gewährleistet
werden kann, wie ich es für erforderlich halte.” Nun seien die Behörden wieder
auf das Gefahren-Abwehrrecht angewiesen. „Da kann der Landkreis und die
Gemeinde nur tätig werden, wenn der Hund schon einmal zugebissen hat”, sagte
Bartels nach einer vorläufigen Auswertung des Urteils. Nun wolle er
schnellstmöglich ein Gesetz auf den Weg bringen, das sich an die Verordnung
anlehnt. Nach Ansicht der SPD-Fraktion könnte es Ende August im Landtag
eingebracht werden und zum Jahreswechsel in Kraft treten. Bartels betonte, das
Gericht habe die Beurteilung der Hunde nach Rassen nicht verworfen. Insofern
habe es den Kern der niedersächsischen Verordnung bestätigt. Was dennoch in
einem Gesetz verändert werden müsse, stehe noch nicht fest.
CDU und Grüne im Landtag sprachen sich dagegen für eine Streichung der
Rasse-Liste aus, da sie wissenschaftlich nicht gestützt sei. CDU-
Fraktionsvize Friedhelm Biestmann sagte, die CDU sei von vornherein für eine
gesetzliche Regelung eingetreten. Die SPD habe jedoch Anhörungen im Landtag
abgelehnt. Er verlangte, bei einem Gesetz stärker die Hundehalter in die
Pflicht zu nehmen. „Das andere Ende der Leine ist genauso wichtig wie das, wo
der Hund dran ist.”
Die Grünen sehen in dem Urteil eine „herbe Niederlage” für Bartels. Dies sei
die „Quittung für den Aktionismus in Sachen Kampfhunde”, sagte ihr
rechtspolitischer Sprecher Thomas Schröder. „Durch die Beratungsresistenz des
Ministers haben wir wertvolle Zeit verloren.”
Bartels betonte, die Kontrolle der Tierhalter sei in der Verordnung längst
berücksichtigt. So habe das Gericht neben dem Wesenstest auch den so genannten
Sachkunde-Nachweis aufrecht erhalten. Den muss ein Tierhalter erbringen, um zu
belegen, dass er mit einem gefährlichen Hund umgehen kann.
Nichtig seien nun das absolute Haltungs-, Zucht- und Vermehrungsverbot nach
der Landesregelung, sagte Bartels. Er verwies auf eine noch bestehende
Bundesregelung, die ein Zucht- und Importverbot für Kampfhunde vorsieht. Auch
dagegen sei jedoch eine Klage anhängig, meinte Bartels. Eine weitere Änderung
für Niedersachsen bestehe darin, dass der American Staffordshire Terrier aus
der Kategorie I der gefährlichsten Rassen herausgenommen worden sei. Dobermann
und Rottweiler müssten aus der Kategorie II heraus und würden demnach mit als
ungefährlich eingestuften Schäferhunden und Boxern gleich gestellt.
Der Deutsche Kinderschutzbund zeigte sich entsetzt. Die Gefahr für Kinder
nehme wieder zu. „Zahlreiche Zwischenfälle mit Kampfhunden haben bewiesen,
dass diese Hunderassen besonders gefährlich sind”, sagte Geschäftsführer Oleg
Hammling in Hannover. Dagegen begrüßte der Deutsche Tierschutzbund das Urteil.
Die Beurteilung nach Hunderassen sei Willkür, sagte Präsident Wolfgang Apel in
Bonn. Besser wäre ein nationales Heimtiergesetz, in dem Zucht und Haltung von
Tieren generell geregelt würden. „Nur so kommen wir weg von unqualifizierten
und wilden Hundezuchten, die aggressive Hunde erst produzieren.”
Quelle:
HAZ
Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
Ruf nach einheitlicher Kampfhunde-Regelung
Berlin (rpo). Nachdem das Bundesverwaltungsgericht die niedersächsische
Kampfhunde-Verordnung gekippt hat, wird der Ruf nach einer einheitlichen
Regelung lauter. Die Gefährlichkeit von Hunden könne nicht nur nach
Rassegesichtspunkten festgestellt werden, so die Richter.
Die Grünen forderten die Innenministerkonferenz am Donnerstag auf, sich auf
ein Mustergesetz für alle Länder zu einigen. Die Regierungen in Niedersachsen
und Schleswig-Holstein kündigten an, gesetzliche Maßnahmen zunächst im
Alleingang auf den Weg zu bringen.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte die niedersächsische
Kampfhundeverordnung am Mittwoch für nichtig erklärt und damit die Gültigkeit
zahlreicher weiterer Länderverordnungen in Frage gestellt. Nach dem
Grundsatzurteil war die Regierung in Hannover nicht befugt, ohne gesetzliche
Regelung bestimmte Hunderassen wegen der Gefahr für die Bevölkerung zu
verbieten. In fast allen Bundesländern bestehen Verordnungen zum Schutz vor
gefährlichen Hunden, die der Niedersachsens ähneln.
Auf einheitliche Standards einigen
Der Grünen-Innenexperte Cem Özdemir erklärte, es sei unhaltbar dass die 16
Bundesländer jeweils eigene Regelungen über gefährliche Hunde erlassen haben.
Die Länder müssten sich unverzüglich auf einheitliche Standards verständigen.
"Es muss Schluss sein mit der Kleinstaaterei zu Lasten der Sicherheit der
Menschen, zu Lasten der Rechtssicherheit und zu Lasten des Tierschutzes",
sagte Özdemir.
Das Bundesinnenministerium erklärte dazu, Minister Otto Schily habe sich in
der Diskussion um den Schutz vor Kampfhunden immer für eine Harmonisierung der
Regelungen in den Ländern ausgesprochen.
Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Uwe Bartels kündigte an, als
Konsequenz aus dem Gerichtsurteil die bisherige Landesverordnung durch ein
Gesetz ersetzen zu wollen. Damit solle das Verbot der Züchtung und Vermehrung
der gefährlichsten Rassen wie Bullterrier und Pit Bull Terrier bestehen
bleiben, sagte der SPD-Politiker.
Auch in Schleswig-Holstein ist eine gesetzliche Regelung bereits geplant.
Ein Entwurf liege seit längerem vor, sei aber wegen fehlender
höchstrichterlicher Entscheidungen in mehreren Rechtsfragen noch nicht auf den
parlamentarischen Weg gebracht worden, erklärte Innenminister Klaus Buß (SPD).
Bayern und Sachsen-Anhalt prüfen Konsequenzen
In Bremen gibt es bereits seit Herbst 2001 ein Kampfhundegesetz.
Innensenator Kuno Böse erklärte, sein Land nehme damit eine "bundesweite
Vorreiterrolle" ein. Bremen sei das einzige Land, dass von dem Urteil des
Bundesverwaltungsgericht nicht betroffen sei. In Bayern ist der Schutz vor
Kampfhunden per Gesetz und Verordnung geregelt. Ein Sprecher des
Innenministeriums erklärte, es werde geprüft, ob aus dem Gerichtsurteil
Konsequenzen gezogen werden müssten. Ähnlich äußerte sich das Innenministerium
in Sachsen-Anhalt.
In Nordrhein-Westfalen wird ein Gesetzentwurf, der die Hundeverordnung
ablösen soll, bereits im Landtag beraten. Auch in Hamburg gibt es in der
Koalition von CDU, FDP und Schill-Partei Bestrebungen zu einer Neuregelung -
im Sinne einer Lockerung der Auflagen für Kampfhundehalter. Die
Innenministerien in Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern sehen nach
eigenen Angaben trotz des Gerichtsurteils keinen Anlass, die Hundeverordnungen
zu ändern oder in Gesetzesform gießen.
Höhn sieht NRW nicht betroffen
Nach Einschätzung von NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) ist
Nordrhein-Westfalen nicht vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu den
Regelungen in Niedersachsen betroffen. "Das Gericht hat kritisiert, dass
Niedersachsen allein auf Rassen abgestellt hat und zu wenig den Hundehalter
ins Blickfeld genommen hat. Das ist in unserer Hundeverordnung anders", sagte
Höhn am Donnerstag.
Quelle:
BBV-Net
| 04.07.02, 09:17 |
BVerwG - Niedersächsische Kampfhundeverordnung nichtig | BVerwG - Niedersächsische Kampfhundeverordnung nichtig
Die niedersächsische Kampfhundeverordnung ist rechtswidrig. Wie das
Bundesverwaltungsgericht in Berlin entschied, dürfen die Länder nur durch ein
Gesetz, nicht aber durch eine einfache Verordnung in die Freiheiten der Halter
eingreifen. Ein solches Gesetz gebe es in Niedersachsen bislang aber nicht,
stellte das oberste Verwaltungsgericht auf die Klage mehrerer Hundehalter und
Tierschutzvereine fest.
Nach der niedersächsischen Gefahrtier-Verordnung dürfen bestimmte Rassen
nur noch mit einer Ausnahmegenehmigung gehalten werden. Bullterrier, Pit Bull
Terrier und American Staffordshire Terrier müssen hierfür einen Wesenstest
ablegen, und ihre Halter müssen "die persönliche Eignung und die
notwendige Sachkunde" nachweisen. Hunde, die den Test nicht bestehen, müssen
eingeschläfert werden. Die anderen Tiere dieser Rassen werden unfruchtbar
gemacht und müssen an der Leine gehalten werden und einen Maulkorb tragen.
Maulkorb- und
Leinenzwang gelten grundsätzlich auch für elf weitere Rassen, darunter
Dobermann, Rottweiler und Staffordshire Bullterrier. Wenn diese Hunde einen
Wesenstest bestehen, dürfen sie aber auch frei herumlaufen.
Das Bundesverwaltungsgericht erklärte diese Regelungen für nichtig. Zur
Begründung hieß es, bislang bestehe allein ein Verdacht, dass von bestimmten
Hunderassen erhöhte Gefahren ausgehen. In der Wissenschaft sei dies aber noch
umstritten. Vor diesem Hintergrund reiche eine Verordnung für "Eingriffe
der staatlichen Verwaltung in die Freiheitssphäre der Hundehalter" nicht
aus. Die Rechtsgrundlage hierfür könne nur das Landesparlament schaffen.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hatte im Mai vergangenen Jahres
zudem kritisiert, dass Dobermann und Rottweiler gegenüber den anderen
Schutzhunderassen Schäferhund, Boxer und Dogge benachteiligt seien. Nach
Expertenangaben sind 22 Prozent der in Deutschland gehaltenen Hunde Schäferhunde;
auf sie gingen 44 Prozent aller "Beißvorfälle" zurück. Auf die
"gewichtigen Bedenken", dass die niedersächsische Regelung daher auch
gegen den Gleichheitssatz verstößt, kam es den Berliner Richtern aber nicht
mehr an.
Die Kampfhundeverordnungen der Länder sind äußerst verschieden. Beim
Bundesverwaltungsgericht sind unter anderem noch Klagen aus Baden-Württemberg
und Mecklenburg-Vorpommern anhängig.
Quelle: Yahoo
News
Nr. 21/2002 vom 3. Juli 2002
Hunderegelung in Niedersächsischer Gefahrtierverordnung für nichtig erklärt
In der niedersächsischen Verordnung über das Halten gefährlicher Tiere
werden zwei Kategorien von Hunden unterschieden. Das Halten, die Zucht und die
Vermehrung der ersten Kategorie von Hunden, zu denen Bullterrier, American
Staffordshire Terrier und Pit Bull Terrier sowie Kreuzungen dieser Hunde gehören,
ist verboten. Für vorhandene Hunde wird eine Ausnahmegenehmigung erteilt, wenn
der Hund einen Wesenstest bestanden hat, die Haltung sicher ist und der Halter
über die persönliche Eignung und die notwendige Sachkunde verfügt. Hunde, die
den Wesenstest wegen eines außergewöhnlichen Aggressionspotenzials nicht
bestehen, müssen getötet werden. Das Bestehen des Wesenstests führt zu näher
bestimmten Anforderungen an die Haltung und Führung des Hundes; außerdem ist
er unfruchtbar zu machen. Die in einer Liste aufgeführten Hunde der zweiten
Kategorie, zu denen auch Dobermann und Rottweiler, nicht aber etwa der Deutsche
Schäferhund zählen, müssen außerhalb von Privatwohnungen und
ausbruchsicheren Grundstücken mit Maulkorb versehen und angeleint sein. Nach
bestandenem Wesenstest können davon Ausnahmen genehmigt werden.
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat auf Normenkontrollanträge von
Hundehaltern hin mehrere Regelungen verworfen. Es hat insbesondere das
Haltungsverbot von Hunden der ersten Kategorie zum Zweck der Gefahrenabwehr
nicht für erforderlich gehalten und in den Regelungen für die Hunde der
zweiten Kategorie einen Gleichheitsverstoß insoweit gesehen, als Rottweiler und
Dobermann, nicht aber der Deutsche Schäferhund erfasst sind.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidungen des
Oberverwaltungsgerichts im Ergebnis bestätigt und die grundlegenden Regelungen
der angegriffenen Verordnung für nichtig erklärt. Der Verordnungsgeber war
ohne ausdrückliche Ermächtigung durch den Landesgesetzgeber nicht befugt, in
der geschehenen Weise allein an die Zugehörigkeit von Hunden zu bestimmten
Rassen anzuknüpfen. Nach den vorliegenden Feststellungen besteht für bestimmte
Rassen derzeit zwar der Verdacht, dass von ihnen erhöhte Gefahren
ausgehen. Es ist jedoch in der Wissenschaft umstritten, welche Bedeutung diesem
Faktor neben zahlreichen anderen Ursachen – Erziehung und Ausbildung des
Hundes, Sachkunde und Eignung des Halters sowie situative Einflüsse – für
die Auslösung von aggressivem Verhalten zukommt. Ein bloßer Gefahrenverdacht
rechtfertigt kein Einschreiten der Sicherheitsbehörden in Form einer
Rechtsverordnung auf der Grundlage der polizeilichen Generalermächtigung.
Vielmehr müssen Eingriffe der staatlichen Verwaltung in die Freiheitssphäre
– hier der Hundehalter – zum Zweck der Gefahrenvorsorge nach
rechtsstaatlichen Grundsätzen in einem besonderen Gesetz vorgesehen sein. Es
ist Sache des Landesparlaments, den Eigenarten der Materie entsprechend und
unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der betroffenen Bevölkerungskreise
die erforderlichen Rechtsgrundlagen für eine Gefahrenvorsorge zu schaffen, d.h.
ggfs. die Einführung von Rasselisten selbst zu verantworten. Ein derartiges
Gesetz liegt in Niedersachsen nicht vor.
Trotz der Nichtigerklärung bleibt der notwendige Schutz der Bevölkerung vor
den von Hunden ausgehenden Gefahren in Anbetracht der vorhandenen Mittel vor
allem des Strafrechts und des allgemeinen Sicherheitsrechts gewahrt. Die
Befugnis der Landesgesetzgebung, einen weiter gehenden Schutz im Sinne einer
Gefahrenvorsorge zu betreiben, wird durch die vorliegenden Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts nicht berührt.
Auf die im Hinblick auf den Gleichheitssatz gewichtigen Bedenken dagegen,
dass der Verordnungsgeber es unterlassen hat, seine Regelungen namentlich auf
den Deutschen Schäferhund zu erstrecken, kam es für die
Revisionsentscheidungen nach dem Gesagten nicht mehr an.
BVerwG 6 CN 5.01, 6.01, 7.01, 8.01 - Urteile vom 3. Juli 2002
Quelle: Bundesverwaltungsgericht
Berlin
Kampfhunde: Gericht erklärt niedersächsische Hundeverordnung für nichtig
Das Bundesverwaltungsgericht hat die niedersächsische Kampfhundeverordnung für
nichtig erklärt. Die Gefährlichkeit von Hunden könne nicht nur nach
Rassegesichtspunkten festgestellt werden.
Berlin (dpa) - Für bestimmte Rassen bestehe derzeit zwar der Verdacht, dass
von ihnen erhöhte Gefahren ausgehen. Es sei jedoch in der Wissenschaft
umstritten, welche Bedeutung diesem Faktor zukomme neben zahlreichen anderen
Ursachen wie Erziehung und Ausbildung des Hundes, urteilte das
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am Mittwoch in Berlin.
Der Gefahrenverdacht allein rechtfertige die Verordnung in der bestehenden
Form nicht. Es sei Sache des Landesparlaments, die Einführung von Rasselisten
im Zweifelsfall selbst zu verantworten, argumentierte das Gericht. Ein
derartiges Gesetz liege in Niedersachsen aber nicht vor.
Die Richter verwiesen ausdrücklich darauf, das trotz der Nichtigerklärung
der Verordnung der notwendige Schutz der Bevölkerung vor von Hunden ausgehenden
Gefahren angesichts der bestehenden Regelungen im Strafrecht und im allgemeinen
Sicherheitsrecht gewahrt sei. Dem Gesetzgeber sei es durch die Entscheidung
unbenommen, einen weiter gehenden Schutz im Sinne einer Gefahrenvorsorge zu
betreiben.
Hundehalter und der Tierschutzverein Hannover hatten in Berlin dagegen
geklagt, dass es in der niedersächsischen Verordnung für bestimmte Hunderassen
Haltungs-, Zucht- und Vermehrungsverbote sowie Maulkorb- und Leinenzwang gibt.
In der Kategorie eins sind Bullterrier, American Staffordshire Terrier und
Pitbulls als «besonders gefährliche Hunde» erfasst. Zur Kategorie zwei gehören
unter anderem Dobermänner und Rottweiler.
Als gefährlich eingestufte Hunde müssen in Niedersachen und einigen anderen
Bundesländern an Wesenstests teilnehmen. Die Halter müssen nachweisen, dass
sie geeignet sind, einen Hund zu führen. Die Kläger wandten sich in der
Verhandlung speziell gegen die Rassekataloge. Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg
(OVG) war ihren Argumenten vor rund einem Jahr zum Teil gefolgt. Das Land
Niedersachsen war dagegen in Revision beim Bundesverwaltungsgericht gegangen und
unterlag jetzt.
Die Bundesrichter wiesen darauf hin, dass bisher wissenschaftlich nicht
ausreichend geklärt sei, welche Bedeutung der genetischen Veranlagung eines
Hundes als Ursache für Beiß-Attacken zukomme.
Die ebenfalls in der Verhandlung aufgeworfene Frage, warum nicht auch der
deutsche Schäferhund in die Kategorie zwei der Verordnung aufgenommen worden
sei, spiele angesichts der Nichtigerklärung keine Rolle mehr
Quelle: Vista
Verde News
Bundesverwaltungsgericht
Kampfhundeverordnung ist nicht rechtens
Das Bundesverwaltungsgericht hat die niedersächsische Kampfhundeverordnung für
nichtig erklärt. Die Gefährlichkeit von Hunden könne nicht nur nach
Rassegesichtspunkten festgestellt werden, so das Gericht. Für bestimmte Rassen
bestehe derzeit zwar der Verdacht, dass von ihnen erhöhte Gefahren ausgehen. Es
sei jedoch in der Wissenschaft umstritten, welche Bedeutung diesem Faktor neben
zahlreichen anderen Ursachen wie Erziehung und Ausbildung des Hundes, zukomme.
Verdacht alleine reicht nicht
Der Gefahrenverdacht rechtfertige die Verordnung in der bestehenden Form nicht.
Es sei Sache des Landesparlaments, die Einführung von Rasselisten im
Zweifelsfall selbst zu verantworten. Ein derartiges Gesetz liege in
Niedersachsen aber nicht vor.
Gesetzgeber kann entscheiden
Die Richter verwiesen ausdrücklich darauf, das trotz der Nichtigerklärung der
Verordnung der notwendige Schutz der Bevölkerung vor von Hunden ausgehenden
Gefahren angesichts der bestehenden Regelungen im Strafrecht und im allgemeinen
Sicherheitsrecht gewahrt sei. Dem Gesetzgeber sei es durch die Entscheidung
unbenommen, einen weiter gehenden Schutz im Sinne einer Gefahrenvorsorge zu
betreiben.
Tierschutzverein klagten erfolgreich
Hundehalter und der Tierschutzverein Hannover hatten in Berlin dagegen geklagt,
dass es in der niedersächsischen Verordnung für bestimmte Hunderassen
Haltungs-, Zucht- und Vermehrungsverbote sowie Maulkorb- und Leinenzwang gibt.
In der Kategorie eins sind Bullterrier, American Staffordshire Terrier und
Pitbulls als "besonders gefährliche Hunde" erfasst. Zur Kategorie
zwei gehören unter anderem Dobermänner und Rottweiler.
Halter und Hund mussten Tests absolvieren
Als gefährlich eingestufte Hunde müssen an Wesenstests teilnehmen. Die Halter
müssen nachweisen, dass sie geeignet sind, einen Hund zu besitzen. Die Kläger
wandten sich in der Verhandlung speziell gegen die Rassekataloge. Das
Oberverwaltungsgericht in Lüneburg (OVG) war ihren Argumenten vor rund einem
Jahr zum Teil gefolgt. Das Land Niedersachsen war dagegen in Revision beim
Bundesverwaltungsgericht gegangen und unterlag jetzt.
Tiermediziner kritisierte Test
"Im Prinzip ist jeder Hund potenziell gefährlich, denn alle stammen vom
Wolf ab", sagte Hansjoachim Hackbarth von der Tierärztlichen Hochschule
Hannover (TiHo) vor der Entscheidung. Seit In-Kraft-Treten der Verordnung vor
zwei Jahren habe sein Institut mehr als tausend Hunde getestet. "Nur fünf
von ihnen haben den Wesenstest nicht bestanden", sagte der Tiermediziner.
Dieses Ergebnis zeige deutlich, dass der Wesenstest für alle Hunde einer Rasse
nicht der richtige Weg sei, um gefährliche Hunde aus dem Verkehr zu ziehen.
Wissenschaftlich nicht nachgewiesen
Die Bundesrichter wiesen darauf hin, dass bisher wissenschaftlich nicht
ausreichend geklärt sei, welche Bedeutung der genetischen Veranlagung eines
Hundes als Ursache für Beiß-Attacken zukomme. Die ebenfalls in der Verhandlung
aufgeworfene Frage, warum nicht auch der deutsche Schäferhund in die Kategorie
zwei der Verordnung aufgenommen worden sei, spiele angesichts der Nichtigerklärung
keine Rolle mehr, so die Richter.
Quelle: T-Online
Bartels will Kampfhundeverordnung in Gesetz gießen
Hannover (dpa) - Nach dem Scheitern der niedersächsischen
Kampfhundeverordnung vor dem Bundesverwaltungsgericht will Agrarminister Uwe
Bartels das Papier in Gesetzesform gießen. Das Gericht scheine die Inhalte der
Verordnung nicht zu kritisieren, auch nicht die Rasselisten, sagte er der dpa.
Daher solle nach der Sommerpause aus der Verordnung ein Gesetz gemacht werden.
Das Berliner Bundesgericht hatte die Kampfhundeverordnung am Abend für
nichtig erklärt.
Quelle: Morgenweb
| 03.07.02, 22:15 |
Halter wollen Kampfhunde-Verordnung kippen |
Halter wollen Kampfhunde-Verordnung kippen
Musterprozess vor dem Bundesverwaltungsgericht. Kieler
Verhaltensforscherin: Tiere haben guten Charakter

Kiel/Hamburg - Mit neuen Untersuchungsergebnissen über die
Gefährlichkeit bestimmter Rassen wollen Hundehalter-Organisationen am Mittwoch
in Berlin im Rahmen eines Musterprozesses die bundesweit eingeführten
Kampfhunde-Verordnungen zu Fall bringen. Wie der "Spiegel" in seiner neuen
Ausgabe berichtet, berufen sich die Halter dabei auf die Ergebnisse der für
Kampfhunde amtlich vorgeschriebenen Aggressions- und Wesenstests, denen sich
Rassen wie etwa American Staffordshire und Pitbull Terrier sowie Kreuzungen
daraus stellen müssen.
Als Beleg für die Ungefährlichkeit dieser Rassen führen die
Hundehalter dem "Spiegel" zufolge auch Untersuchungen der Kieler
Verhaltensforscherin Dorit Feddersen-Petersen an, die die maßgeblich von ihr
entwickelten Wesenstest an 219 gefährlichen Hunden der Kategorie 1 durchführte.
Danach sei bei fast allen der untersuchten Tiere der Charakter mit "exzellent
bis gut" bewertet worden. Lediglich ein Hund wurde als "verhaltensauffällig"
eingestuft.
Ebenfalls als Beispiel gegen die Gefährlichkeit von so genannten
Kampfhunden wollten die Prozessführer das Ergebnis der Untersuchung mehrerer
hundert als gefährlich geltender Hunde an der Tierärztlichen Hochschule Hannover
nennen. Aus diesen Prüfungen geht nach Angaben des Leiters des Instituts für
Tierschutz und Verhalten, Hansjoachim Hackbarth, hervor, dass die
Kampfhunderassen "eindeutig nicht das große Gefahrenpotenzial darstellen". So
bereiteten Tiere, die nicht als so genannte Kampfhunde geführt würden, etwa
Rottweiler und Dobermänner, deutlich größere Probleme.
Dies bestätigt auch Wolfgang Poggendorf, Geschäftsführer des
Hamburger Tierheims in der Süderstraße. Schäferhunde, Rottweiler, Dobermänner
wie auch Riesenschnauzer und Kreuzungen aus diesen Rassen müssten künftig wie
die Kampfhunde Wesenstests unterzogen werden, forderte er am Sonntag gegenüber
der WELT. Weiter sollten auch Halter dieser Rassen wegen der potenziellen
Gefährlichkeit und massiven Folgen von Beißunfällen Sachkundenachweise erbringen
sowie eine Zwangshaftpflicht ablegen müssen.
Eine Katalogisierung zusätzlicher Rassen lehnt Poggendorf jedoch
ab. "Ich bin überzeugt, dass sich Rasselisten auf Dauer nicht halten lassen und
vor Gericht keinen Bestand haben werden", sagte er. Dennoch hätten die nach der
tödlichen Kampfhundattacke auf den damals siebenjährigen türkischen Volkan im
Sommer 2000 eingeführten Hundeverordnungen ihren Sinn gehabt. So hätten sich auf
Grund der Verordnung in Hamburg rund 600 Kampfhunde dem Wesenstest stellen
müssen. 90 davon hätten die Tests nicht bestanden. "Das hat die Sicherheit auf
Hamburgs Straßen und Plätzen in jedem Fall verbessert", so der Tierheim-Chef.
Umso erforderlicher seien jedoch neue Vorschriften, die die potenzielle Gefahr,
die von Rottweilern, Schäferhunden, Dobermännern und Riesenschnauzern ausgehe,
zu minimieren.
Nach der Auflösung der Harburger Hundehalle warten unterdessen im
Tierheim Süderstraße und einer Pension vor den Toren der Stadt 57
Kategorie-I-Kampfhunde auf eine Entscheidung über ihre Zukunft. Diese Tiere
seien ihren Haltern entzogen worden, so Poggendorf. Einem Wesenstest sollten
diese Tiere jedoch erst unterzogen werden, wenn die Rechtsverfahren
abgeschlossen seien.
Die Hamburger Regierungskoalition hat derweil ihren Streit um den
künftigen Umgang mit Kampfhunden auf den Spätsommer vertagt. Die
Kampfhundeexperten von CDU, Partei Rechtsstaatlicher Offensive und FDP hätten
sich jetzt auf ein erneutes Treffen des überfraktionellen Arbeitskreises
Tierschutz Mitte August geeinigt. Dann solle erneut versucht werden, eine
einheitliche Linie zu finden, erklärte der CDU-Abgeordnete Jürgen Klimke am
Sonntag gegenüber der WELT.
Wie berichtet erwägen CDU und Schill-Partei derzeit mehrheitlich,
die Hamburger Kampfhundeverordnung zu erweitern und auf potenziell gefährliche
Rassen wie etwa Rottweiler, Dobermänner, Schäferhunde und Kreuzungen aus diesen
Rassen unter Einstufung nach Größe, Gewicht und Auswirkung von Bissen zu
erweitern. Die FDP und einzelne Mitglieder der Schill-Fraktion fordern dagegen
die Abschaffung der Rasselisten zu Gunsten einer Einstufung nach individueller
Gefährlichkeit.
Quelle:
Die Welt
| 02.07.02, 11:49 |
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