Ich kann nicht beschreiben, wie es sich angefühlt hat, deine Stimme nach mehr als zwei Jahren wiederzuhören. Wie war es damals, hatten wir nicht eine gute Zeit? Das waren deine Worte. Ach ja, wie geht es dir denn so? Ich habe zufällig deine Telefonnummer gefunden und dachte mir, ich hör mal, was du so treibst. Du warst schon immer ein schlechter Lügner, das passt nicht zu dir. Mir war vom ersten Augenblick klar, dass du mich nicht meiner schönen Augen wegen angerufen hast. Und dann gestern, es kommt mir vor, als wäre es schon wieder Monate her. Dabei trage ich doch noch deinen Geruch auf meiner Haut. Warst du die ganze Zeit gegenwärtig? Ich steige aus dem Zug und sehe deine Augen wie eh und je mit einem Blitzen in den Augenwinkeln. Du lächest mich unsicher an und mir wird flau in der Magengegend. Scheint so, als hättest du nichts von dem Zauber verloren, der mich so faszinierte. Neugier macht sich in mir breit. Was tue ich eigentlich hier? Wir kommen bei dir an und bekommen es sogar hin, in einer Stunde uns die Erlebnisse der letzten zwei Jahre zu erzählen. Befangenes Schweigen, unsichere Blicke machen dieses Spiel zur Farce. Mit Worten konnten wir uns nie wirklich berühren. Ich halte mich an meiner Zigarette fest und gebe mich selbstbewußt und überlegen. Alles kein Problem, ist doch schön, sich nach all der Zeit zu sehen. Du stehst auf und wie aus heiterem Himmel küßt du mich und flüsterst mir ins Ohr: "Schön dass du da bist! Du riechst verdammt gut!" Und dann verlässt du das Zimmer, ich sitze da und es kommt mir vor, als hätte jemand den Zünder betätigt. Genau in dem Moment warst du endlich ehrlich. Jetzt können wir das Spiel beginnen, genau da wo wir es damals beendet haben. In mir existiert nur noch ein Gedanke, ich will deine Haut auf meiner spüren. Deine Hände wandern über meine Haut und jede Berührung hinterlässt eine Spur der Verbrennung. Meine Lippen schmecken deinen Körper und es ist, als wäre die Zeit nicht wirklich an uns vorbei gegangen. Reden können nur unsere Körper miteinander. Wie kommt es, dass wir uns nicht wirklich etwas zu sagen haben? Wir liegen nebeneinander und ich merke, dass dich meine Nähe und meine Worte in diesem Moment nicht erreichen. Nur meine Hände, meine Lippen und meine Zunge sind in der Lage dich zu bewegen und dich zu erreichen. Der Morgen danach schmeckt fast ein wenig schal, so als ob diese Nacht nur eine Fiktion war. Wir sitzen schweigend im Wagen und ich nehme nur die Musik war. Das letze Mal, als ich deinen Geruch auf meiner Haut spürte, war es Billy Joel. Ich steige aus dem Wagen und küsse dich zum Abschied. "Wir sehen uns!" Falsch, wir werden uns nicht wiedersehen. Was ich wollte, war nur noch diese Nacht. Wie ein Kind fühlend, dass noch einmal hastig den Finger in den Honigtopf getaucht hat, gehe ich zurück in meine Welt. Und hätte die Nacht und der Abschied nicht schon ein wenig bitter geschmeckt, dann sei dir gewiss, ich wäre wieder hinein gefallen.
© by Petra Barenthin - 03.06.01
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