Auch wenn die enge Namensverwandtschaft zum Pleite-Klub „EHC München 70“ aus den 70er Jahren eher Reminiszenzen an die leidgeplagte Münchner Eishockey-Geschichte erwecken mag, stand der Abend unter einem ganz anderen Motto: „Eishockey hat noch eine Chance verdient.“
Dass der HC98, der fortan als EHC München firmieren wird, in der vierthöchsten Klasse, der Bayernliga, Eishockey spielt, ist allerdings keine Neuigkeit und keine großangelegte Pressekonferenz wert. Denn das taten die Mannen um Ex-Hedos-Kapitän Franz Jüttner auch schon in den vergangenen beiden Spielzeiten – allerdings ohne geeignete Spielfläche in München und ohne potente Sponsoren im Hintergrund.
Zuschauerträchtige Derbies noch auf der KippeNach dem fluchtartigen Aufbruch der Barons Richtung Hamburg hat sich dies nun geändert: Der EHC wird ab kommenden Oktober seine Heimspiele im Olympiapark austragen, mit einer runderneuerten Mannschaft. Neben der Olympiapark GmbH kann der Verein auch auf die Unterstützung mehrerer Unternehmen, die seit langen Jahren das Münchner Eishockey finanziell unterstützen, zählen. Mittelfristig wird die Etablierung des Vereins in der Oberliga, der dritten Spielklasse, angestrebt.
Für die kommende Spielzeit, die im Oktober beginnt, hoffen die Verantwortlichen immerhin auf zuschauerträchtige Derbies mit den Aufstiegsaspiranten Rosenheim und Landsberg. Allerdings sei die Ligeneinteilung von Seiten des Bayerischen Eissportverbands (BEV) noch nicht besiegelt. Bis dahin sei noch unklar, ob nicht eventuell sogar zweigleisig, in eine Ost- und eine Westgruppe unterteilt, gespielt wird. In diesem Fall würde eine der beiden
zugkräftigen Gegner wegfallen.
Prinzipiell steht fest: „Mit diesen beiden Mannschaften wollen wir mithalten,“ so Ex-Bundesliga-Profi Franz Jüttner, der als 1. Vorstand des EHC fungiert. „Das sind wir dem Münchner Publikum schuldig, dass wir oben in der Liga mitspielen können.“
EHC = „Neue Qualität“?„Der Name EHC soll eigentlich den guten Willen widerspiegeln, dass wir neue Qualität an den Tag legen wollen,“ ergänzte Jüttner. „Uns ist sehr wohl bewusst, dass leider allzu sehr polarisiert wird: Wenn man Fan des einen Vereins ist, dann ist man nicht Fan des anderen Vereins. Der HC98 ist einer der Vereine, die in den letzten Jahren in München gleichzeitig erschienen sind. Da hat es leider Unstimmigkeiten gegeben. Wir haben uns zu der leichten Umbenennung entschlossen, um nach außen hin klar zu demonstrieren, dass wir neutral sein wollen und jeden Eishockeyinteressierten ansprechen wollen. Wir wollen keine Unstimmigkeiten aus der Vergangenheit aufkochen. Das ist kontraproduktiv und wird dem Eishockey in München nur schaden.“
Nach dem Abgang der Barons war im Lager der Münchner Fans teilweise sehr hitzig über mögliche Nachfolgeclubs diskutiert worden. Aufgrund früherer Animositäten zwischen Anhängern der Barons und des HC98 favorisierten einige die Wiederbelebung des Barons-Vorläufers ESC München. Obwohl seitens des ESC zunächst eifrig der Wille zum Neuanfang propagiert und die Werbetrommel bei den Fans gerührt wurde, mussten die Macher peu à peu eingestehen, dass es ihnen nicht gelungen war, ein realisierbares Konzept zu entwickeln.
Münchner Lösung mit großen Namen: Kühnhackl, Birk, Kathan und SlapkeNeben den Sponsoren präsentierte der EHC München ein kleines „Who is Who“ des deutschen Eishockeys im VIP-Bereich der Olympiahalle: Allesamt Personen, die an der sogenannten „Münchner Lösung“ mitgearbeitet haben und dies zum großen Teil auch weiter tun werden.
Stümer-Legende Erich Kühnhackl unterstützte die Olympiapark GmbH bei der Ausarbeitung des neuen Konzepts. Ex-DEL-Referee Peter Slapke wird die Mannschaft des EHC trainieren.
Der ehemalige Nationalspieler und Hedos-Stürmer Harald Birk und Peter Kathan, neuberufener Damen-Nationaltrainer und Coach beim Barons-Vorläufer ESC München, sollen in einem 10-köpfigen Beirat, zu dem auch Olympiapark-Chef Wilfrid Spronk und ein Vertreter der Fans zählen werden, die „überlebensnotwendige Kontinuität“ des Vereins sichern.
Aufgabe des Beirats ist eine laufende Prüfung der Finanzen, um sauberes Wirtschaften und auch Transparenz nach außen hin zu gewährleisten. Außerdem solle er den Vorstand auch in sportlichen Fragen beraten.
Sport steht im Vordergrund„Die Verantwortung soll bewusst auf mehreren Schultern lasten und Transparenz herrschen“, so Jüttner weiter. „Wir mussten ja in der Vergangenheit erfahren, dass in München leider immer wieder Warnsignale zu spät erkannt wurden. Die Personen stehen hier alle im Hintergrund. Uns geht’s allein um die Sportart Eishockey. Wir selber wollen diesem Sport dienlich sein, dass wir ihn in dieser Stadt endlich so fördern können, wie er es verdient hat.“
Schury kehrt zurückMit HC-Spieler Fabian von Schilcher und den Neuzugängen Jochen Vollmer und Ex-ESC-Spieler Daniel Schury aus Erding wurden erste Säulen der neuen Mannschaft präsentiert. Diese solle vorwiegend aus Spielern bestehen, die München auch über das Eishockey hinaus verbunden sind, beispielsweise durch Beruf oder Studium.
Darüber hinaus sollen die Spieler der bestehenden HC98-Mannschaft gehalten werden. Laut Jüttner liegen dem Verein auch diverse Anfragen höherklassiger Spieler vor, deren Verpflichtungen im Einzelnen aber gründlich abgewogen werden sollen.
Verein soll „auf vielen Beinen“ stehenUm nicht wieder in Abhängigkeit eines Alleinsponsors zu geraten, wie es bei den Barons der Fall war, setzt der EHC auf einen Sponsorenpool, der aus einer Vielzahl von Münchner Firmen besteht und erweitert werden soll. Nur durch die Verteilung des Budgets „auf viele Beine“ könne nach Ansicht der Vereinsverantwortlichen eine dauerhafte Lösung geschaffen werden. Auch bei weiteren Unternehmen der Münchner Wirtschaft bestehe wieder Bereitschaft, sich für den Eishockeysport zu engagieren. Einerseits seien für ein Bayernliga-Budget keine horrenden Geldsummen erforderlich. Andererseits seien auch jene Firmen wieder interessiert, die sich in den letzten Jahren nicht zugunsten der undurchsichtigen Pläne der finanzstarken Anschutz Entertainment Group (AEG) engagieren wollten.
„Ich freue mich sehr, dass unser Verein das Vertrauen der Olympia-Park GmbH und auch der Stadt München bekommen hat – das Vertrauen, die Fahnen des Münchner Eishockeys hochzuhalten“, sagte Jüttner. „Ich kann erahnen, wie groß die Verantwortung ist, die zukünftig auf unseren Schultern lastet.“
Kühnhackl als Berater„Ich habe mich unmittelbar nach dem amtlichen Ende der Barons-Zeit mit einigen Eishockeyfreunden und auch langjährigen Förderern des Eishockeys in München auf der einen Seite und Erich Kühnhackl auf der anderen Seite zusammengetan“, so Olympiapark-Chef Spronk, „um zu überlegen, ob es denn überhaupt eine Chance gibt, Eishockey in München wieder zu beginnen - ohne die ewigen Querelen, die in den letzten 20 Jahren immer wieder im Eishockey stattgefunden haben. Das was mit dem Schlagwort ‚Münchner Lösung’ nun propagiert wird, schafft es vielleicht, dass alle, die Eishockey in München erleben wollen, an einem Strang ziehen. Das wird nicht von heute auf morgen gelingen. Nachdem viele Interessenten an uns herangetreten sind, auch von außerhalb Münchens, sind wir letztendlich zu der Überzeugung gekommen, dass das Konzept von Franz Jüttner den sinnvollsten Ansatz bietet – auch was die Spieler angeht. Ich habe mir Erich Kühnhackls Rat eingeholt, um auch von unserer Seite (der Olympiapark GmbH) einen sach- und fachkundigen Beitrag zu liefern. Ich bin zuversichtlich, dass es gelingt, relativ kurzfristig auch die Repräsentanten der Münchner Sportpolitik stärker zum Eishockey hinzuführen, als das in den vergangenen Jahren der Fall war.“
Jüttner: „Potential ist vorhanden“, Wachstum über Jugendarbeit„Unser Verein existiert nun seit vier Jahren“, so Jüttner weiter. „Er wurde von aktiven Spielern gegründet und unser Slogan war es immer, ein Verein für Aktive zu sein. Jetzt wollen wir nicht nur die aktiven Spieler mit einbeziehen, sondern auch die Münchner Öffentlichkeit. Wir wollen ein Verein sein, der in München umfassende Akzeptanz erfährt. Das heißt, wir wollen jeden ansprechen, der sich für Eishockey interessiert. Auch die Leute, die noch nicht selber im Stadion waren, aber Eishockey zum Beispiel in der Zeitung mitverfolgen. Ich selber bin sehr dankbar, dass ich als Aktiver (bei Hedos) in der meines Erachtens schönsten Zeit des Münchner Eishockeys in München spielen durfte. Damals herrschte eine enorme Nachfrage der Fans nach Eishockey. Das zeigt, dass Potential in dieser Stadt vorhanden ist und sich viele Münchner für Eishockey interessieren.“
„Wichtig ist, dass wir jetzt alle Dinge richtig machen", erklärte Jüttner. "Zum Konzept unseres Verein gehört eben, dass wir Vereinsarbeit leisten wollen. Ein Verein muss von unten wachsen: über seine Mitglieder und über sein Jugendabteilung, über die Ausbildung der Kinder. Denn die Kinder sind die Werbeträger des Sports. Sie sind es, die ihn nach außen tragen, in die Schulen zum Beispiel. Sie sind es, die Eltern mit ins Stadion ziehen oder Freunde mitbringen und peu à peu dafür sorgen, dass sich dieser Kreis erweitert. So hab’ ich das bei Hedos München erfahren und es ist auch meine Überzeugung, dass das der richtige Weg ist.“